Kreiszeitung vom 24.03.2024

Krötenwanderung in Weyhe – Nabu sammelt mehr als 8000 Tiere ein

 

Ein Erdkrötenpaar – zwei von Tausenden Tieren, denen der Nabu über die Straße geholfen hat. © Wittenberg, Dierck

Hunderte Meter Zaun sollen Kröten in Weyhe davor bewahren, auf der Straße überfahren zu werden. Nabu-Freiwillige haben 2024 bereits 8000 Tieren geholfen.

Weyhe – Sie folgen dem Ruf der Natur – und landen nicht selten unter einem Autoreifen. Kröten und andere Amphibien machen sich von ihren Winterquartieren zu den Laichplätzen auf. Eine gefährliche Wanderung, wenn sie dafür eine Straße überqueren müssen – wie in Weyhe an der Böttcherei oder im Hahnenfelde. Deshalb stehen dort nun mehrere Hundert Meter Zaun: geschätzt rund 400 Meter beziehungsweise knapp 150 Meter.

Krötenpopulation am Böttcher Moor in Weyhe hat sich stark vermehrt

„Wir haben hier nicht so viele tragische Straßenverluste wie an anderen Stellen“, sagt Jonas Till Jäschke vom Nabu Weyhe beim gemeinsamen Ortstermin mit Weyhes Umweltbeauftragtem Ulf Panten. An den Zäunen beziehungsweise in Eimern, die an Zaunlücken stehen, sammeln sich Kröten und einige Molche. Frösche seltener, denn die haben die Sprungkraft, um aus dem Eimer hinauszuspringen, merkt Jäschke an.

Seit gut vier Wochen helfen Freiwillige den Tieren über die Straße. Mehr als 8000 Amphibien sind nach Zahlen von Jonas Till Jäschke bis jetzt zusammengekommen.

 

 

400 Meter Zaun: Weyhes Umweltbeauftragter Ulf Panten (l.) und Jonas Till Jäschke vom Nabu an der Krötenschutzbarriere zum Böttcher Moor. © Wittenberg, Dierck

Jäschke ist zweiter Vorsitzender der Weyher Ortsgruppe des Naturschutzbunds Nabu, der bei der Aktion federführend ist. Die Gemeinde hilft mit dem Auf- und Abbau, so Ulf Panten. In der Vergangenheit war die Zaun-Kontrolle laut Panten eine Aufgabe, die Freiwilligendienstler beim Umweltteam der Gemeinde übernommen hatten – Jäschke war vor sieben Jahren einer von ihnen. Aber die FÖJ-Stellen gebe es in diesem Bereich inzwischen nicht mehr. Zudem konzentrieren sich Gemeinde und Nabu auf die genannten Stellen in der Nähe des Böttcher Moors. Das Weidufer war bis vor wenigen Jahren ein Schwerpunkt.

Die Population am Böttcher Moor und am Kleinen Moor hat sich offenbar stark vermehrt; und die Kröten fühlen sich im noch immer rekordverdächtig hoch stehenden Wasser wohl. Gleichwohl weist Jäschke auf Probleme hin. Eins hängt mit dem hohen Wasserstand zusammen: Die Überschwemmungen werden zurückgehen, dort abgegebener Laich wird wohl vertrocknen.

Eimer mit Kröten werden von Freiwilligen zweimal täglich gecheckt und sollten in Ruhe gelassen werden

Im Böttcher Moor leben – nachdem wahrscheinlich Exemplare dort ausgesetzt wurden – Sonnenbarsche, die alles fräßen, was ihnen ins Maul passe, so Jäschke. „Und Kaulquappen passen da sehr gut rein“. Durch die Überschwemmungen fürchtet Jäschke nun, dass sich die Barsche – eine aus Nordamerika stammende invasive Art – weiter ausgebreitet haben.

Aber zurück zu den Amphibien: An der Böttcherei steht der Krötenzaun auf der Seite des in den 1990er-Jahren angelegten Waldstücks, er blockiert also den Weg der Amphibien zum Moor. Abgesehen von der Einhaltung des Tempolimits – auch zum Schutz der Helfer gilt an Stellen der Krötenwanderung in Weyhe aktuell Tempo 30 – lautet ein Tipp: Wer einer Kröte über die Straße helfen will, sollte darauf achten, wohin sie unterwegs war. Und sie in dieser Richtung, einige Meter von der Fahrbahn entfernt, weitersetzen. Die Tiere an den Zäunen und in den Eimern sollten dagegen dort gelassen werden, damit sie nicht doch auf die Fahrbahn geraten.

Die Wanderlust der Kröten ist laut Ulf Panten abhängig von der Witterung. Dank milder Temperaturen sei die Wanderung Mitte Februar losgegangen. Für die Helfer heißt das: Der Zaun muss morgens und abends kontrolliert werden. Laut Jäschke morgens spätestens zwei Stunden nach Sonnenaufgang (aktuell gegen 6.30 Uhr). Für die Helfer, die in Teams unterwegs sind, gibt es also 14 Termine in der Woche.

 

 


Regionale Rundschau vom 17.01.2024

Nabu Weyhe will Lehren aus den Überschwemmungen ziehen

Die Folgen des Hochwassers in Weyhe lassen sich bislang nur erahnen. Einige Handlungsbedarfe lassen sich laut dem Naturschutzbund bereits ableiten.

 

 

Weyhe. Ein Hochwasser in diesem Ausmaß haben die Verantwortlichen des Naturschutzbundes (Nabu) in Weyhe noch nicht gesehen. „Im Böttchers Moor und im Kleinen Moor können wir die Pegel nicht mehr ablesen“, sagt Ulrike Buck aus dem Vorstandsbeirat der Ortsgruppe. Die Messstellen stünden noch immer unter Wasser.

Die Folgen der Wassermassen auf den Wiesen und Feldern entlang der Weser lassen sich für die Naturschützer bislang kaum abschätzen. Zumal angesichts Eisflächen und weiterer erwarteter Regenfälle kein Ende in Sicht ist. „Da wird noch eine ganze Menge nachkommen“, vermutet Bernd Daneke, Vorsitzender des Nabu in Weyhe. Das Thema dürfte die Gemeinde noch eine ganze Weile begleiten. „Ich bin gespannt, wie es aussieht, wenn das Wasser weg ist“, merkt er an.

Für das Böttchers Moor lasse sich aktuell feststellen, dass der Wasserstand mehr als einen Meter beträgt – bis dahin lässt sich der Pegel ablesen. Zum Vergleich: Im Vorjahr um diese Zeit lag er noch bei minus 30 Zentimeter. „Die Extreme schwanken“, stellt daher Sven Klopotek fest, der den Nabu im Weyher Bauausschuss vertritt. In den Vorjahren sei vor allem die Trockenheit Thema gewesen und der Blick immer wieder auf den Hombach gefallen. Nun drückt das Wasser quasi von allen Seiten.

Sorgenvoll liegt das Augenmerk der Naturschützer daher aktuell auf dem Wieltsee. Bei Müllsammelaktionen hat der Nabu hier in den vergangenen Jahren immer wieder Umweltverschmutzungen festgestellt. Von den Bootsstegen aus wurden wiederholt Styroporteilchen an den Uferbereich gespült. „Das konnte noch nicht abgestellt werden“, merkt Buck an.

 

„Wir haben die Sorge, dass die Verschmutzung über die Weser in die Nordsee gelangt.
Ulrike Buck, Nabu-Vorstandsmitglied

Was lange als lokales Problem galt, könnte sich durch das Hochwasser ausweiten. Denn wenn die Weser nun über ihre Uferkanten tritt und sich mit dem Wieltsee vermengt, kann sie auch den Unrat von dort mit sich ziehen. Das gelte auch für die Wohnmobile, die nicht rechtzeitig vom Campingplatz entfernt wurden. „Wir haben die Sorge, dass die Verschmutzung über die Weser in die Nordsee gelangt. Dann ist es kein regionales Problem mehr“, mahnt sie davor, was schließlich als Fisch wieder auf den Tellern der Menschen landet.

Kurzfristig lässt sich das kaum mehr angehen. Die Nabu-Vertreter fordern daher, für die Zukunft vorzusorgen. „Wir müssen mit Trockenheit und Überschwemmungen rechnen“, stellt Buck klar. Aufgabe der Gemeinde sei daher, sicherzustellen, dass aus den Überschwemmungsgebieten keine Verschmutzungsgefahr für die Umwelt ausgehe. Denkbar sei etwas, dass Wohnmobile nur von Frühjahr bis Herbst am Wieltsee abgestellt werden dürfen. Für die Steganlagen müssten Pläne und Unterstützungsmöglichkeiten ausgearbeitet werden, um sie auszutauschen. Ein weiterer Fokus müsse auf dem Bereich des Gewerbegebiets an der Ochtum in Dreye liegen. „Das Wasser nimmt auch Düngemittel und anderes mit“, gibt Daneke zu bedenken.

Der Weyher Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt hatte sich bereits im Vorjahr mit einem Bebauungsplan und einer Änderung des Flächennutzungsplanes für das Wieltsee-Areal befasst. Weitere Abstimmungen stehen noch aus. Buck regt daher an, die Erfahrungen aus dem Hochwasser in die weitere Planung einzubeziehen und einen Kompromiss aus touristischer Nutzung, Landschafts- und Naturschutz sowie Pufferzonen bei Hochwasser zu finden. Dabei sollten auch das Biotopverbundkonzept und die Schutzgebietsverordnung, die die Gemeinde aktuell mit dem Landkreis erörtert, berücksichtigt werden. Der Nabu spricht sich dafür aus, das Areal in ein Naturschutzgebiet umzuwidmen. „Der ganze Marina-Bereich ist ein wertvoller Bereich und Schutz für die Bewohner“, sagt Buck.

Mit den Uferschwalben brütet hier eine geschützte Tierart. Archiv-Dokumente zeigen zudem, dass früher hier seltene Arten wie der Kampfläufer heimisch waren. „Man kann das Gebiet entwickeln, indem man es wachsen lässt“, so Bucks Vorschlag, der eine extensive statt intensive Landwirtschaft für das Areal beinhaltet. Alte Grünordnungspläne könnten hier gute Anreize geben.

Für den Nabu hat das Hochwasser bereits jetzt einige Handlungsbedarfe offengelegt. „Man kann das Problem nicht jahrelang weiterlaufen lassen“, bilanziert Buck. Wassermassen wie diese ließen sich einfach nicht halten, merkt auch Daneke an. Bewährt habe sich da die Renaturierung der Hache, die das Wasser nun länger halte und die Strömung verlangsame; auch die zwei Flutmulden hätten sich als effektiv erwiesen.

 

 

 


Kreiszeitung vom 17.01.2024

Nabu Weyhe warnt vor möglichen Umweltschäden durch Hochwasser

 

Bestandsaufnahme: (v.l.) Bernd Daneke, Ulrike Buck, Sven Klopotek vom Nabu Weyhe fordern, dass Konsequenzen aus dem Hochwasser gezogen werden. © Dierck Wittenberg

 

Folgen des Wetterextrems: Der Nabu Weyhe warnt vor möglichen Auswirken des Hochwassers auf die Umwelt. Besonders den Wieltsee in Dreye haben die Naturschützer dabei im Blick.

Weyhe – Die Wasserstände sinken zwar, aber sind immer noch hoch. „Ich bin gespannt, wie das aussieht, wenn das Wetter weg ist“, sagt Bernd Daneke, erster Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe in Weyhe. Aber das, was bisher an Hochwasserfolgen abzusehen ist, bereitet den Naturschützern Sorgen. Daneke sowie die Vorstandsmitglieder Ulrike Buck und Sven Klopotek haben bei einem Pressegespräch vor Umweltverschmutzungen infolge des Hochwassers gewarnt – und Konsequenzen angemahnt, die daraus gezogen werden sollten.

Besonders die Überschwemmungen am Wieltsee stehen im Zentrum der Überlegungen. Am Wieltsee – unter anderem ein Brutgebiet für streng geschützte Uferschwalben – haben sie seit mehreren Jahren eine wiederkehrende Verunreinigung mit Styropor-Teilchen beobachtet. Ulrike Buck befürchtet, dass die Kunststoffteile durch die Überschwemmung und Winde in die Weser und ins Meer gelangt sind. Zudem geht sie davon aus, dass das Material in immer kleinere Teile zerrieben wird. Und dass es in den Nahrungskreislauf gerät, indem es von Fischen aufgenommen wird – die von Vögeln und größeren Fischen gefressen werden.

 

Verschmutzung: Der Nabu warnt seit Längerem davor, dass Styroporteilchen, wie diese auf diesem von 2022, in den Wieltsee gelangen. Nun sei zu befürchten, dass der Kunststoff, der aus Schwimmkörpern stammt, sich bis in die Weser verteilt hat. © Ulrike Buck/Nabu Weyhe

Das Styropor stammt von den Schwimmkörpern unter älteren Steganlagen am See, das ist offenbar unbestritten. Sowohl Gemeinde-Sprecher Sebastian Kelm als auch Axel Budelmann, Hafenmeister der Marina, bestätigen, dass deshalb bei neuen Anlagen auf anderes Material, etwa Styrodur, gesetzt wird. Allerdings betont Budelmann, dass ein neuer Steg ein „Riesen-Kostenfaktor“ sei, der von den Wassersportvereinen kaum zu stemmen sei. Eine Fachfirma entferne das Styropor einmal im Jahr, zuletzt war das nach Budelmanns Erinnerung zu Beginn der Saison 2023 geschehen.

„Die Erwartung ist, dass das abgestellt wird“, sagt Ulrike Buck über die Styropor-Verschmutzung. Sie erwähnt außerdem die Fäkalabsauganlage (für Bootstoiletten) als mögliche Verschmutzungsquelle. Die Anlage stehe auf einem Schwimmsteg, der mit dem Pegel steige, da laufe nichts aus, so Budelmann auf telefonische Nachfrage zu dieser Befürchtung.

Bebauungsplan „Wieltsee“ noch einmal überarbeiten?

Ferner waren auf Drohnenaufnahmen vom überschwemmten Wieltsee Campingfahrzeuge zu sehen. Laut Budelmann handelte es sich dabei um Wohnwagen (keine Wohnmobile), die nur bis zur Achse im Wasser gestanden hätten. Öl oder etwa Benzin hat dort demnach nicht austreten können. Die Nabu-Mitglieder fordern aber, dass bei künftigen Überschwemmungsgefahren am Wieltsee parkende Fahrzeuge notfalls von der Gemeinde abgeschleppt werden müssen.

Überhaupt ist das Camping am Wieltsee dem Nabu Weyhe ein Dorn im Auge. Um einer „ungeregelten Nutzung“ zu begegnen, ist die Gemeinde Weyhe dabei, einen Bebauungsplan für das Gebiet auf den Weg zu bringen. Den bezeichnete Buck – die für die Grünen im Gemeinderat sitzt, aber im Gespräch betont, als Nabu-Mitglied zu sprechen – als Kompromiss. Und sie stellt die Frage, ob der B-Plan infolge der Überschwemmung nicht doch noch einmal überarbeitet werden müsse.

Nabu erinnert an das seit Jahren laufende Verfahren für ein Schutzgebiet „Weseraue“

Die Nabu-Vertreter rufen ihren Antrag aus dem Jahr 2012 auf Errichtung eines Schutzgebiets „Weseraue“ in Erinnerung: Auf einer Karte zeigt Buck ein mögliches zweiteiliges Landschafts- oder Naturschutzgebiet flußab- und aufwärts von Alter Weser und Wieltsee. Zwei Potenzialbereiche werden derzeit genauer vom Fachdienst Kreisentwicklung untersucht, heißt es dazu vom Landkreis. Und: Ein Abschluss des Verfahrens sei derzeit noch nicht absehbar. Ein Schutzgebiet wäre ein Überschwemmungsgebiet, so die Nabu-Leute. Es wäre ein besonderer Lebensraum, „aber auch ein Schutz für uns selber, die hinter dem Deich wohnen“, so Bernd Daneke.

Zu Überschwemmungen an kleineren Flüssen merkt er an: „Natürlich hat das Wasser auch Düngemittel mitgenommen.“ Ulrike Buck hinterfragt zudem die Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye West III – unter Verweis auf die Nähe zur Ochtum und deren Wasserstände. An der Hache habe sich die Renaturierung (durch den Nabu) in Kombination mit der Flutmulde bewährt. Nach generellen Auswirkungen des Hochwassers auf Wildtiere gefragt, sagt Daneke: „Alles, was im Boden lebt, hat sicherlich ein Problem.“

Die Nabu-Vertreter gehen davon aus, dass das Hochwasser kein einmaliges Ereignis bleiben wird. Und dass die Klimaveränderungen für Extreme sorgen wird. Das Irre sei, dass 2022 zu niedrige Grundwasserstände geherrscht hätten, merkt Sven Klopotek an – während nun die Messlatten im Böttchers Moor nicht mehr zu sehen seien.