Mit den mehrheitlichen Stimmen von SPD und CDU wurde in der Ratssitzung vom 18. Dezember 2019 die
Gewerbegebietserweiterung
Dreye West III beschlossen.
Für die Erhaltung der Ausgleichsflächen hatten sich bis dato 1345 Bürger per online Petition und Unterschriftenaktion eingesetzt, davon 1005 Bürger aus Weyhe.
Der NABU Weyhe bedauert sehr, dass sich die politischen Vertreter von SPD und CDU zugunsten der Wirtschaft und gegen den Natur-und Artenschutz entschieden haben.
Der NABU Weyhe strebt die juristische Prüfung an.
Kreiszeitung vom 04.12.2019
Dreye-West III: SPD und CDU empfehlen Satzungsbeschluss für die Gewerbeareal-Erweiterung
Nabu kündigt juristische Prüfung an
Rund 40 Zuschauer verfolgen in der Kirchweyher KGS den Bauausschuss. Thomas Brugger (Nabu) ist einer von mehreren Bürgern, die Fragen zu Dreye-West III stellen. Foto: Sigi Schritt
Weyhe - Von Sigi Schritt. Mit einer ungewöhnlichen Ankündigung im Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt hat am Dienstag Thomas Brugger vom Naturschutzbund einen Schlusspunkt in der Mensa der KGS
Kirchweyhe gesetzt.
Nach mehr als dreieinhalb Stunden dauernder Diskussion hatte Katrin Kurtz (SPD), Vorsitzende des Ausschusses, knapp zwei Stunden vor Mitternacht, die Einwohnerfragestunde abhandeln wollen, da
meldete sich Brugger zu Wort. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema Gewerbeareal-Erweiterung Dreye-West III (wir berichteten) längst abgehakt – Brugger hatte es wieder aufleben lassen und sorgte für
reichlich Gesprächstoff auf dem Weg zu den Parkplätzen: Er kündigte nämlich eine juristische Prüfung an.
Für Thomas Brugger konnte letztlich weder Planungsbüro P3 aus Oldenburg noch Verwaltungsvertreter die Zweifel ausräumen, weshalb nun das Gewerbegebiet Dreye-West III ausgerechnet in eine
Ausgleichsfläche expandieren soll. Der Nabu legte gestern Morgen gegenüber der Kreiszeitung noch einmal nach. Brugger kann sich auch vorstellen, den Abwägungsprozess gerichtlich überprüfen zu
lassen und den Vollzug des B-Plans per einstweiliger Verfügung stoppen zu lassen. Das setze allerdings voraus, dass der Rat in seiner nächsten Sitzung am 18. Dezember den B-Plan beschließt.
Die Weichen dafür hat der Ausschuss gestellt: Mehrheitlich hatten die Sozial- und Christdemokraten, dem Rat empfohlen, einen entsprechenden Bebauungsplan sowie einen Flächennutzungsplan im
Parallelverfahren aufzustellen.
Ingrid Söfty (CDU) begründete, dass es sich die Christdemokraten bei ihrer Entscheidung nicht leicht gemacht hätten, aber am Ende würden die (Gewerbe-)Einnahmen für große Projekte benötigt.
Rainer Zottmann, Fraktionsvorsitzender der SPD, ergänzte, dass er es – wie auch schon Jutta Timmermann von der Verwaltung – ebenso merkwürdig empfindet, dass eine Ausgleichsfläche herhalten
müsse, um dort Gewerbe anzusiedeln. Betriebe müssten sich erweitern können.
Die neuen Ausgleichsflächen, links (65,6 Hektar) und rechts (51 Hektar) der Ochtum sind laut Zottmann mit Sicherheit „Tabuflächen“, weil sie sich im Naturraum der Leester Marsch befänden.
Zottmann griff zudem einen Zuhörerhinweis auf. Der Zuschauer hatte davon gesprochen, dass „hässliche Kästen für die Natur ein Disaster“ seien und forderte eine Dachbegrünung und grüne Wände.
Immerhin würden die neuen Hallen bis zu 14 Meter hoch sein. Eine Umsetzung kann sich der Fraktionsvorsitzende vorstellen.
Die Diskussion über den Abwägungsprozess ließ zumindest bei der FDP-Fraktionsvorsitzenden Antje Sengstake einige Zweifel aufkommen. Sie ist davon überzeugt, dass das 124000 Quadratmetern
umfassende Areal an der Ochtum, um das es geht, schützenswert sei. Sie könne aber auch die Positionen der SPD und der CDU verstehen, die mit der Areal-Erweiterung die Einnahmeseite der Gemeinde
verbessern möchten. Nur sei der Verkauf von Wiesen an dieser Stelle falsch. Deshalb habe sich Sengstake an die Seite der Grünen gestellt. Sie kündigte an, dass im Rat jeder Liberale so abstimmen
werde, wie er es für richtig hält.
Die Vertreter der Grünen, Annika Bruck und Elmar Könemund, lehnen die Planung ab. Sie sei falsch. Die Grünen konnten sich am Abend mit keinem ihrer Vorschläge durchsetzen: Sie regten zum Beispiel
an, das Thema Dreye-West III zu verschieben, ein Moratorium bis zur Klärung von Fragen zu vereinbaren oder eine zweite öffentliche Auslegung zu beschließen.
Bruck hatte zum Beispiel angemahnt, dass die Untere Naturschutzbehörde in einer Stellungnahme darauf hingewiesen hatte, dass ein Umweltgutachten nicht vorgelegen hatte. Den gibt es jetzt, aber
der sei bei dem betreffenden Verfahrensschritt nicht relevant gewesen, hieß es.
Brucks „großes Problem“ bei der ganzen Diskussion sei aber „ein ganz anderes“: „Wir öffnen ein Tor“, weil die Gemeinde nicht „zuverlässig ausgleicht“. Sie sei sich sicher, die Ratsmitglieder
hätten 1991 auch geglaubt, dass nach der Schaffung von Dreye-West III Ausgleichsflächen zu Tabuzonen, wie Zottmann es formulierte, wurden und somit sicher seien.
Es rankte sich eine Diskussion darüber, wie wertvoll das Areal sei. Immerhin, dass Planungsbüro P3 errechnete eine hohe ökologische Wertigkeit – ein Ausgleich sei also zwingend – etwa durch die
Herstellung eines Auenbereichs an der Ochtum mit der Anpflanzung von Röhrichtarten und Gehölzen. Das sei zudem mit der Wasserwirtschaft abgestimmt, außerdem würden die Flächen bereits in
Gemeindehand sein.
Die vom Nabu vorgebrachte Kritik, dass der Lebensraum der geschützten Rohrweihe auch als Bruthabitat in artenschutzrechtlicher unzulässiger Weise überplant werden würde, konterte der Gutachter.
Er kam nach seiner Erhebung zu einem anderen Ergebnis: Die Rohrweihe brüte nur links der Ochtum – im Biotop gewässeraufwärts. Im Erweiterungsgebiet sei keine Brutstätte betroffen. Außerdem gehe
von den neuen Gebäuden keine Störung für die vorhandene Rohrweihen-Population aus. Der Gutachter bliebt dem Publikum eine konkrete Antwort auf die Frage eines Bürgers schuldig, wie lange es
dauert, bis die Rohrweihe und andere Vögel freiwillig in die neuen Ausgleichsflächen umziehen würden. Die promovierte Biologin Ulrike Buck, die selbst als Gutachterin gearbeitet hatte, dankte dem
Planungsbüro P3, eine umfangreiche Karte erstellt zu haben, in der zahlreiche Vogelsichtungen eingetragen wurden. Sie fügte aber hinzu, dass sie nicht vollständig sein könne, weil ihrer Meinung
nach die angewandte Methode, nur drei Besuche im April, Mai und Juni auszuführen, nicht ausreiche. Der Nabu führte an, dass mindesten zwei Rohrweihen-Paare auch von der Jägerschaft gesehen worden
sind, nur das Nest konnte man nicht ausfindig machen. Der Gutachter berichtete, dass die Besuche in der Hauptbrutzeit erfolgten.
Regionale Rundschau vom 04.12.2019
Erweiterung Dreye-West III
Hitzige Debatte um Ausgleichsfläche
Die Umweltschützer haben gekämpft. Doch konnten sie am Urteil der Fraktionen von CDU und SPD im Weyher Fachausschuss nicht rütteln. Die Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye-West III bekam große
Zustimmung.
Noch ist es Grün entlang der Ochtum. Das Gewerbegebiet Dreye-West III soll jedoch näher heranrücken. Der Fachausschuss unterstützte das Vorhaben mehrheitlich. (Braunschädel)
Einen dicken Stapel Papier hielt Ulrike Buck in den Händen. 1100 Unterschriften, nicht nur von Weyhern, die der Nabu gesammelt hat, um die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye-West III zu stoppen.
Allein 182 Weyher Bürger haben bislang die Online-Petition unterstützt, sagte die Beisitzerin für die Naturschützer am Dienstag im Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt. „Sie sollten sich das
unbedingt angucken“, sagte Ulrike Buck in Richtung der Fraktionen von SPD und CDU. Rund 40 Zuschauer verfolgten die Diskussion in der Mensa der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Kirchweyhe. Es
wurde wahrlich gekämpft auf Seiten der Umweltschützer. Dennoch standen CDU- und SPD-Fraktion fest hinter der Erweiterung in Richtung der jetzigen Ausgleichsfläche des Gewerbegebietes. Sie gaben
ihr Ja für die Änderung des Flächennutzungsplans. Drei Gegenstimmen kamen von den Grünen und der FDP.
Ulrike Schneider vom P3-Planungsteam fasste die Hintergründe zusammen. Ziel sei, dass sich bestehende Unternehmen entwickeln können, sich neue Betriebe ansiedeln und die bestehende Fläche
optimiert wird. Ein Streifen von rund zehn Hektar soll zur Ochtum hin dazu kommen und das Gewerbegebiet bis zu 50 Meter an das Gewässer rücken. Westlich von Dreye-West III soll auf zwölf Hektar
„Bestandspflege zur Optimierung“ stattfinden. Ursprünglich sei das Gebiet an der Ochtum Überschwemmungsgebiet gewesen. Neuere Untersuchungen hätten aber gezeigt, dass es „deutlich verkleinert
werden kann“, so die Planerin. Der Landkreis habe festgestellt, dass man sich mit den Planungen nicht im Vorsorgebereich für Natur und Landschaft befinde, den der Raumordnungsplan vorgibt. Man
würde „allenfalls an den Rändern anstoßen“. Annika Bruck (Grüne) widersprach dieser Aussage in Teilen.
Da die Ochtum Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) ist, bleibt ein Streifen von 50 Metern Abstand bestehen. Auf der Gewerbefläche ist eine Versiegelung von bis zu 80 Prozent möglich, Gebäude dürfen
auch länger als 50 Meter lang sein, sagte Schneider. Die Erweiterung bedeute ein Defizit von 294 000 Wertpunkten, wobei ein Punkt bei circa 4,50 Euro liegt. Wie Ulrike Schneider erklärte, seien
„in unmittelbarer Nachbarschaft“ zwei Flächen im Besitz der Gemeinde gefunden worden, die den Verlust an Naturfläche auf 11,6 Hektar ausgleichen sollen. Die Signale von Wasserwirtschaft und
Landwirtschaft seien positiv.
Der Landkreis Diepholz forderte im Frühjahr 2019 Erläuterungen zu den vom Nabu vorgelegten Daten zur Fauna, schilderte Schneider. Ulrike Buck warf ein, dass damals noch kein Umweltbericht
vorgelegen habe. Die Planerin entgegnete, dass dies bei der öffentlichen Auslegung bis März 2019 aber der Fall gewesen sei. Schneider habe den Eindruck, dass die Weyher Kommunalpolitik stets
umsichtig gewesen sei, wenn es darum ging, für bestehende Gebiete Konzepte zu entwickeln. So sei es etwa bei GS Agri oder dem Gewerbegebiet Melchiorshausen gewesen.
Der Nabu hatte befürchtet, dass das Antasten der jetzigen Ausgleichsfläche den Lebensraum der per EU-Richtlinie geschützten Rohrweihe gefährden könnte (wir berichteten). Das P3-Planungsteam hatte
im Frühjahr untersucht, wie insbesondere das Brutverhalten der dort lebenden Vögel aussieht. Wie Carsten Zippel vom Planungsbüro berichtete, waren bei Beobachtungen an drei Terminen in diesem
April, Mai und Juni keine Brutpaare der Rohrweihe gesichtet worden. „Wir konnten nichts finden, was den Verdacht erhärten könnte.“ Ein Brutverdacht bestehe lediglich auf der anderen Uferseite der
Ochtum. Im Bereich des Regenrückhaltebeckens habe es paarweise Überflüge der Rohrweihe gegeben, ein Brutplatz sei aber nicht gefunden worden.
Aus den Zuschauerreihen meldete sich der Weyher Nabu-Vorsitzende Thomas Brugger zu Wort. Nicht nur den Naturschützern, auch der Gemeinde und den Jägern sei seit Mitte der 1990er-Jahre bekannt,
dass die Rohrweihe auf der südöstlichen Seite brüte. Ornithologen der Ortsgruppe hätten zuletzt zwei Paare gesehen. „Wir beobachten die Ecke seit Jahren“, sagte er. Brugger zweifelte die
Aussagekraft der Untersuchung des Planungsbüros an. Die promovierte Biologin Ulrike Buck meinte, für die Kartierung seien laut der verwendeten Methode mindestens sechs bis zehn Beobachtungen
vonnöten gewesen. Ein Publikumsgast fragte sich, ob sich das Vorhaben überhaupt rechnet. Die Kosten seien allein durch den Grundstücksverkauf gedeckt, versicherte Steffen Nadrowski, Leiter des
Fachbereichs Gemeindeentwicklung und Umwelt.
Wieso müsse man überhaupt an eine Ausgleichsfläche für ein bestehendes Gewerbegebiet heran? Diese Frage beschäftigte einen anderen Publikumsgast, der vorschlug, dass Unternehmen Dächer begrünen
könnten. Die SPD-Fraktion nahm den Vorschlag auf. Jutta Timmermann, Nadrowskis Stellvertreterin, versicherte auf die Frage des Bürgers hin: „Es soll eine Ausnahme bleiben.“ Annika Bruck
erklärte, dass ihre Fraktion eine Anfrage an die Gemeinde gestellt habe, wo wann Ausgleichsflächen verfügbar wären. Eine Antwort sei bis heute ausgeblieben. Die Grünen-Politikerin bezeichnete die
Aussage, die neue Fläche sei hauptsächlich für bestehende Unternehmen im Dreyer Gewerbegebiet geschaffen worden, als „schräg“. Vier von zwölf Hektar seien immerhin für neues Gewerbe bestimmt. Und
weiter: Bei GS Agri habe die Verwaltung damals gesagt, es gebe keine Alternative. Als der Landkreis aber sein Veto einlegte, sei dann doch schnell eine Ersatzfläche gefunden worden. Ulrike
Buck erinnerte daran, dass der südliche Teil zur Ochtum 1991 bei der Schaffung der Ausgleichsfläche für „hoch schutzwürdig“ erklärt worden sei.
Es sei keine Überraschung, dass der ökonomische Aspekt höher gewertet werde als der ökologische, sagte Steffen Nadrowski. Die Herausforderung sei, die Belange abzuwägen. Annika Bruck kritisierte,
dass das Bebauen einer Ausgleichsfläche Tür und Tor öffne, um weiter schützenswerte Flächen anzugreifen – auch in Hinblick auf Windkrafträder. Die Grünen-Fraktion war in der Sitzung bereits vor
dem Tagesordnungspunkt zu Dreye-West III mit ihrem Antrag gescheitert, sämtliche Flächen, die im Flächennutzungs- und im Landschaftsplan der Gemeinde sowie im Regionalen Raumordnungsprogramm des
Landkreises Diepholz als Vorbehalts- oder Vorrangsgebiet für Naturschutz und Landschaftspflege dargestellt sind, nicht zu bebauen.
Rainer Zottmann (SPD) betonte, dass es nach wie vor Tabuflächen gebe. Das schienen Teile des Publikums anzuzweifeln, die ihren Unmut durch Zwischenrufe ausdrückten. „Ich bin skeptisch, neue
Gewerbeflächen zu finden“, sagte er. Antje Sengstake (FDP) sagte, sie „werde immer unsicherer“ ob der vielen Gutachten. „Ich halte das Gebiet für schützenswert“, sagte sie und bekam dafür
Applaus. Ihre Fraktion werde der Erweiterung dagegen zustimmen, sagte Ingrid Söfty (CDU), die den Vorwurf zurückwies, man habe sich die Entscheidung leicht gemacht.
Annika Bruck hatte sich gewünscht, erst nach einer zweiten Auslegung in die Abstimmung zu gehen. Aber im Verwaltungsausschuss seien Beschlüsse gefasst worden, die darauf hindeuteten, dass die
Gewerbegebietserweiterung kommt. Annika Bruck: „Wir haben das hier verloren.“ Nach der Abstimmung kündigte Thomas Brugger an, gegebenenfalls den Rechtsweg zu gehen.
Die Erweiterung von Dreye-West III ist noch einmal öffentlich im Gemeinderat am Mittwoch, 18. Dezember, Thema (18.30 Uhr im Ratssaal des Rathauses).
Kreiszeitung vom 03.12.2019
INTERVIEW Ulrike Buck kritisiert Erweiterungspläne zum Gewerbegebiet Dreye-West III
Rohrweihe: Nabu will Ochtum-Oase erhalten
Weyhe - Von Sigi Schritt. Die Gemeinde Weyhe verfügt kaum noch über Gewerbeflächen. Für bestehende Betriebe am großen Gewerbestandort in Dreye-West III sieht das Planungsbüro P3 zunehmend
Erweiterungsengpässe. Die Gemeinde beabsichtigt, ihre Bauflächen an jenem Gewerbestandort soweit als möglich zusammenzufassen, um zumindest für bereits ansässige Betriebe weitere
Entwicklungsspielräume zu sichern. Die Erweiterung wird laut Planungsbüro möglich, da die erforderliche Größe und Lage des Überschwemmungsbereichs der Ochtum neu gefasst wird. In ihrer Abwägung
geht die Gemeinde davon aus, dass die gewerblichen Belange höher zu werten sind als die Schaffung von Kompensationsarealen im unmittelbaren Umfeld von Dreye-West III. Die überplanten
Kompensationsflächen werden deshalb in Verbindung mit dem neu entstehenden Ersatzbedarf an anderer Stelle des Gemeindegebietes kompensiert, erklärt das Büro P3 zum Ziel der Planungen. Die
promovierte Biologin Ulrike Buck sitzt für den Nabu im Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt, der heute Abend ab 18.30 Uhr in der KGS Kirchweyhe tagt. Sie kritisiert das Vorhaben. Buck hat zehn
Jahre lang in der Gewässerökologie gearbeitet. Die Kreiszeitung sprach mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin eines Lebensmittel- und Futtermittelunternehmens.
Sie sitzen für den Naturschutzbund im Ausschuss Bau, Planung und Umwelt. Macht Ihnen der ehrenamtliche Job gerade Spaß?
Die zahlreichen Gespräche mit Bürgern zu Dreye-West III bereiten mir Freude. Dabei merke ich, wie interessiert unsere Mitmenschen an Umweltthemen sind und wie wichtig ist, die wenigen,
verbliebenen Lebensräumen für Tiere und Pflanzen zu erhalten und dafür einzutreten. Freude bereitet mir, zu erleben, wie gut wir in unserer Nabu-Gruppe zusammenarbeiten.
Sie äußern aber Sorgen.
Sorgen bereitet mir das mangelnde Bewusstsein einiger politischer Vertreter für Umweltbelange – trotz vieler „blumigen“ Worte und trotz der Ausrufung des Klimanotstandes. Die Ausrichtung auf
Wohnen, Bildung, Verkehr und Arbeit und das Ignorieren von wichtigen Umweltthemen erlebe ich seit zwei Jahren im Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt. Das ist ernüchternd und macht keine
Freude.
Sie haben eine Online-Petition auf den Weg gebracht. Was wollen Sie damit erreichen?
Mit der Unterschriftenaktion, die die Online-Petition einschließt, wollen wir unsere Mitmenschen auf die Zerstörung von dem wichtigen Lebensraum an der Ochtum nahe des Gewerbegebietes
Dreye-West III aufmerksam machen und mit ihnen zusammen für den Erhalt der Ausgleichsflächen kämpfen.
Wieviele Unterschriften haben Sie gesammelt?
Bisher haben 845 Bürger unterschrieben. Ich möchte gemeinsam mit allen Mitstreitern darauf aufmerksam machen, wie wichtig diese wenigen Oasen für unsere Gemeinde sind und dass wir alle für
deren Schutz verantwortlich sind.
Was ist Ihr Wunsch?
Wir wollen Politik und Verwaltung ermutigen, im Sinne von Artenvielfalt, Erhalt von Lebensräumen und dem Klimaschutz zu agieren. Naturschutz muss verlässlich sein, nur so kann sich Natur
entwickeln.
Was bedeutet das für Dreye?
Die Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye-West III bis auf 50 Meter an die Ochtum ist aus Naturschutzsicht nicht akzeptabel. Schon 1991 wurde im Planungsausschuss festgestellt: „Sehr hoch und
hoch schutzwürdige Biotope umgeben den Untersuchungsraum im Süden und Westen (Ochtum und Krautochtum). Hoch schutzwürdige Biotope finden sich konzentriert im gesamten südlichen Teil.“ Seitdem
sind 27 Jahre vergangen. Es ist noch immer ein hoch schutzwürdiges Biotop.
Was finden Vogelkundler vor?
In dem Gebiet wurden in den vergangenen zwei Jahren 45 Rote-Liste-Vogelarten dokumentiert. Die streng geschützte Rohrweihe jagt und brütet hier. Der Landschaftsplan bewertet das Gebiet an der
Ochtum als ein Biotop von sehr hoher Bedeutung, es ist als Landschaftsschutzgebiet vorgesehen. Ein Abstand von 200 Metern um Brutvogelvorkommen ist geboten. Rohrweihen brüten in diesem
Gebiet.
Gibt es Vorgaben?
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) gibt Vorgaben in der Niedersächsischen Strategie zum Arten- und Biotopschutz der Rohrweihe:
Freihaltung offener Kulturlandschaften (in Brut- und Jagdgebieten der Rohrweihe) von zu starker Gehölzentwicklung und baulichen Anlagen; Sicherung und Entwicklung der bestehenden Vorkommen
insbesondere in den naturnahen Brutgebieten; Fortführung der bisherigen Schutzbemühungen für die Rohrweihe aufgrund ihrer Lebensraumansprüche und ihrer Verbreitungssituation in Niedersachsen;
Erhalt und Entwicklung von störungsfreien Brutplätzen; Erhalt und Entwicklung einer vielfältigen und ausreichenden Nahrungsgrundlage (Nager, Wasser- und Wiesenvögel, Amphibien).
Was sagt das regionale Raumordnungsprogramm (ROP) dazu?
Es besagt für diese Fläche: „Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft“. Landschaftsplan, NLWKN, ROP werden ignoriert und abgewogen – das ist unhaltbar.
Was kritisieren Sie?
Ich kritisiere, dass die Sanierung von Gebäuden, der Bau neuer Kindergärten und der Neubau der Bibliothek auf Kosten der Natur gehen. Die Finanzierung dieser Großprojekte muss geklärt werden,
bevor sie beschlossen werden. Ich kritisiere, dass Vorgaben ignoriert werden und wirtschaftliche Interessen über die der Natur gestellt werden sollen.
Aber die Gewerbeflächen der Gemeinde sind nun mal knapp!
Die Argumentation für die Vernichtung der Ausgleichsflächen bezieht sich auf mehr Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Diese wirken hier kaum, wenn es um die Neuansiedlung von nur zwei bis drei
Betrieben geht. Auf Gemeindegebiet gibt es rund 3 000 Gewerbeanmeldungen und rund 6 700 Arbeitsplätze.
Was macht den Lebensraum Ochtum für den Nabu so wertvoll?
Die Ochtum ist gemäß der Wasserrahmenrichtlinie ein geschütztes Gebiet (Flora-Fauna Habitat-Gebiet, Natura-2000-Gebiet, Landschaftsschutzgebiet). Sie ist eine grüne Lebensader und vernetzt
viele Lebensräume miteinander. Am und im Fluss leben zahlreiche Vögel, wie die Rohrweihe, Insekten, Kriechtiere und Säugetiere, die dringend auf diese Lebensräume angewiesen sind. Die
Rohrweihe brütet nur in unserer Gemeinde nur noch dort. Man stelle sich vor, dass ihr Jagdgebiet und Brutrevier in Zukunft mit 14 Meter hohen Hallen bis 50 Meter an den Schilfröhricht bebaut
werden soll. Ihre Fluchtdistanz liegt zwischen 100 und 300 Metern.
Wie lange dauert es, bis eine Ausgleichsfläche für die Natur wertvoll ist?
Es dauert rund 20 Jahre, bis sich eine neue Ausgleichsmaßnahme entsprechend den planerischen Vorgaben entwickelt hat. Die bisherigen Maßnahmen waren „für die Katz“.
Was würde passieren, wenn sich das Gewerbegebiet Richtung Ochtum ausweiten würde? Es gibt doch noch viel Platz auf der anderen Uferseite...
Es ist davon auszugehen, dass viele Vögel verschwinden. Die Rohrweihen werden höchstwahrscheinlich ihre Brutplätze aufgeben, das Wild wird ausbleiben und die Ochtum als Lebensader wird auf
Dauer stark beeinträchtigt. Die Tiere und Pflanzen haben das Nachsehen. Die jetzige Ausgleichsfläche und das erweiterte Gewerbegebiet sollen wieder ausgeglichen werden (der Ausgleich des
Ausgleichs). Dafür sollen zwei Ackerflächen flussaufwärts als neue Ausgleichsflächen entstehen. Es dauert aber viele Jahre, bis sich dieses Gebiet als Lebensraum eignet.
Heute Abend wird im Bauausschuss die Erweiterung diskutiert. Welches Ergebnis wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir, dass unsere politischen Vertreter umdenken und genug Rückgrat besitzen, um ihre Fehlbewertungen und Fehlentscheidungen hinsichtlich der Erweiterung von Dreye-West III
rückgängig zu machen. Die Ausgleichsflächen müssen bleiben. Die Erweiterung des Gewerbegebietes muss gestoppt werden. Die Finanzierung der Großprojekte muss über andere Einnahmen als den
Verkauf von Ausgleichsflächen erfolgen.
Ist das realistisch?
Es wäre möglich!
Es gibt den Beschluss eines Klimanotstands für Weyhe. Müsste der beim Thema Dreye-West III hinsichtlich des Artenschutzes anwendbar sein?
Der müsste aus meiner Sicht angewendet werden.
Wer soll für die Rohrweihe und Co. demonstrieren?
Wenn zu einer Demonstration aufgerufen wird, sind alle Weyher Bürger aufgerufen. Unsere Unterschriftensammlung sollte Demonstration genug sein!
Sie fragen sich in der Online-Petition, ob Ausgleichsflächen sicher sind. Was befürchten Sie?
Ich befürchte, dass so weitergemacht wird. Im Gewerbegebiet „Im Bruch“ wurde auch schon Naturschutzflächen dem Gewerbe geopfert. Es wird viel davon geredet, wie wichtig die Natur für uns ist.
Es wird damit geworben, dass man sich für die Belange von Tieren und Pflanzen einsetzen will. Wo sind die Taten, wo ist die Umsetzung? Ein Mühlenkamp-Park (Leeste, Anm. d. Red.) ist für die
Bürger wichtig, ökologisch gesehen aber nicht vergleichbar mit Lebensräumen und den seltenen Arten an der Ochtum.
Regionale Rundschau vom 03.12.2019
Ausschusssitzung am 3. Dezember
Unterschriften gegen Gewerbegebiet in Weyhe
Gegen die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets Dreye-West III sammelt der Naturschutzbund Weyhe aktuell Unterschriften, nun auch online. Das wird am Dienstag, 3. Dezember, im Ausschuss
thematisiert.
Gegen die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets Dreye-West III regt sich weiter Protest (Archivbild). (Janina Rahn)
Handschriftlich wie auch online hat der Ortsverband des Naturschutzbundes (Nabu) in der Weyher Bevölkerung um die Stimmen von Menschen gegen die Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye-West III
gebeten und inzwischen hundertfachen Zuspruch erhalten. Mit den Unterschriften sprechen sich die Bürger für den Erhalt der Flächen aus, die seinerzeit für die Errichtung von Dreye-West zum
Ausgleich geschaffen wurden. Es gebe 45 Rote-Listen-Arten in dem Gebiet nahe der Ochtum und damit in unmittelbarer Umgebung zu dem Areal, das künftig Gewerbegebiet werden soll, sagt Thomas
Brugger, Vorsitzender des Weyher Nabu. Zu den Arten gehöre auch die Rohrweihe, deren Lebensraum der Verein durch die mögliche Erweiterung bedroht sieht (wir berichteten).
Auf Nachfrage gibt die Verwaltung an, bei mehreren Begehungen vor Ort zwischen April und Juni „alle in dem Gebiet lebenden Vögel identifiziert“ zu haben. „Das Fazit: Es ist nicht erkennbar, dass
artenschutzrechtliche Verbotstatbestände den Vollzug der Bauleitplanungen ausschließen“, teilt Matthias Lindhorst, Leiter des Fachbereichs Zentrale Dienste der Gemeinde Weyhe, mit. Gegen die
Erweiterung formiert der Nabu nun neuen Protest, jetzt in Form von gesammelten Unterschriften und parallel in einer Online-Petition.
Das handschriftliche Ergebnis belief sich am Montagnachmittag auf eine Zahl von 753, wie Nabu-Schriftführerin Ulrike Buck sagt. In bisher drei Aktionen auf dem Kirchweyher Marktplatz
beziehungsweise in direkter Nähe dazu habe der Verein diese eingeholt und „großen Zuspruch“ erhalten, wie Brugger sagt. Neben Nabu-Aktiven beteiligen sich mittlerweile auch Bürger daran, dass die
Zahl der Unterzeichner zunimmt. „Wirklich erstaunlich“, kommentiert Buck das.
Doch mit den geschriebenen Gegenstimmen nicht genug. Daneben hat der Nabu eine Online-Petition mit Startschuss am 21. November gestartet. Sie hatte, ebenfalls am Montagnachmittag, 321
Unterstützer – 176 davon aus der Gemeinde Weyhe. Die übrigen könnten, so Brugger, aus allen Bundesländern kommen, viele wohl aber auch aus Nachbargemeinden, die „auch betroffen“ seien. Das Areal,
das zur Erweiterung vorgesehen sei, grenze an die Brinkumer Marsch, aber auch an den Bremer Stadtteil Arsten, wo sich bereits Bürgerinitiativen gegen das Vorhaben gegründet hätten, sagt der
Vereinsvorsitzende.
Die Online-Petition auf der Website ist, ohne dass es die Initiatoren beeinflussen konnten, auf aktuell weitere sieben Wochen angelegt. Angesetzt ist zudem ein Quorum. Es „gibt für jede Petition
an, wie viele Unterschriften aus der jeweiligen Region benötigt werden, damit Openpetition von den zuständigen Entscheidungstragenden eine Stellungnahme einfordert“, heißt es auf der Website, die
das Verfahren anbietet. In Weyhe liegt diese Grenze bei 570. Wird diese erreicht, frage openpetition.de Stellungnahmen von Abgeordneten, in diesem Fall Bürgermeister Frank Seidel (SPD), an, die
dann auf der Website veröffentlicht werden.
Bis dahin aber dürfte eine Entscheidung in Sachen Dreye-West-III-Erweiterung gefallen sein. An diesem Dienstag, 3. Dezember, steht das Thema erneut auf der Tagesordnung in einem politischen
Gremium. Der Ausschuss für Bau, Planung und Umwelt behandelt den entsprechenden „Bebauungsplan Nummer 28 Dreye-West III – Erweiterung und 16. Änderung des Flächennutzungsplans im
Parallelverfahren“.
Dabei „wird es insbesondere um den Satzungs- und Feststellungsbeschluss zur vorgenannten Bauleitplanung gehen. Mit diesem Satzungsbeschluss wäre das Planverfahren der Gemeinde Weyhe zur
Erweiterung von Dreye-West III grundsätzlich beendet“, teilt Lindhorst weiter mit. Die Sitzung beginnt an diesem Dienstag um 18.30 Uhr in der Mensa der Kooperativen Gesamtschule Kirchweyhe,
Hauptstraße 99. Am Tag darauf wird das Thema erneut im nicht-öffentlichen Verwaltungsausschuss behandelt und abschließend in der wiederum öffentlichen Ratssitzung am 18. Dezember, (18.30 Uhr,
Ratssaal) diskutiert.
Weiter nachgefragt begrüße die Gemeinde Weyhe, „dass sich verschiedene Bürgerinnen und Bürger, aber auch Organisationen in die Bauleitplanung eingebracht haben“, so Lindhorst. Die Eingaben seien
in der Bauleitplanung aufgegriffen worden und auch in die Abwägung eingeflossen. „Letztlich ist es nun an den politischen Gremien, zu entscheiden, ob man der vorliegenden Abwägungsempfehlung
folgt und somit die Umsetzung des Vorhabens ermöglicht.“
Redionale Rundschau vom 18.10.2019
Kritik an Erweiterung von Dreye-West III
Nabu fürchtet um Rohrweihe
Der Nabu Weyhe will die Erweiterung des Gewerbegebietes Dreye-West III stoppen. Er fürchtet um den Lebensraum der besonders geschützten Rohrweihe, die nah an der Ochtum brütet.
Der Nabu sieht den Lebensraum vieler Tiere bei einer Erweiterung des Gewerbegebietes in Dreye bedroht. Rohrweihen, die in der Leester Marsch jagen, könnten selten werden, befürchten die
Naturschützer. (Holger Bokelmann)
Weyhe-Dreye. Die Rohrweihe ist eine nach EU-Vogelschutzrichtlinie streng geschützte Art, in Weyhe scheint sich der Zugvogel aber bislang recht wohlgefühlt zu
haben. Die örtliche Gruppe des Naturschutzbundes (Nabu) weiß von 31 Sichtungen in diesem Jahr zwischen März und Mai an der Ochtum in der Leester Marsch. Zwei Brutpaare seien sogar gesehen worden,
die in der Nähe des Gewerbegebiet Dreye-West III gebrütet haben. Für die Naturschützer ein erfreuliches Zeichen, doch gleichzeitig fragen sie sich: Wie lange brütet die Rohrweihe da noch?
Der Nabu sorgt sich um den Greifvogel, dessen Lebensraum bedroht ist, sollte das Gewerbegebiet erweitert werden. Wie berichtet, will die Gemeinde Weyhe das Gewerbegebiet Dreye-West III Richtung
Ochtum erweitern. Die Fläche ist jedoch seit mehr als zwei Jahrzehnten eine Ausgleichsfläche – eben für das dortige Gewerbegebiet. „Rohrweihen haben eine Fluchtdistanz zwischen 100 und 300
Metern, sodass zu befürchten ist, dass die Rohrweihen bei einer Gewerbegebietserweiterung bis auf 50 Meter an die Ochtum ihren Brutplatz aufgeben“, sagt Ulrike Buck, Mitglied des Nabu und
beratendes Ausschussmitglied.
Die Rohrweihe ist den Naturschützern zufolge „besonders störempfindlich“. Das Argument, der Vogel könne sich auch woanders in der Gemeinde sein Übergangsquartier suchen, lässt Thomas Brugger,
Vorsitzender der Weyher Nabu-Gruppe, nicht gelten. Höchstens kleine Vögel könnten umgesiedelt werden. „Das geht nicht mit solch einem scheuen Kandidaten.“ Auch für weitere seltene Vogelarten ist
die Fläche an der Ochtum mit dem angrenzenden Grünland und Schilfrohrsaum ein Zuhause. „Im Jahr 2018 und 2019 haben erfahrene Ornithologen in diesem Gebiet 45 Vogelarten der Roten Liste
dokumentiert“, sagt Buck.
Der Nabu will nun die Verwaltung und politischen Vertreter Weyhes dazu aufrufen, den Lebensraum und die damit verbundene Vogelvielfalt in dem Gebiet zu erhalten. Die Erweiterung von Dreye-West
III solle gestoppt werden. Brugger kritisiert, dass der zugestandene Schutzradius von 200 Metern um die Ochtum nun angefasst werden soll: „Einerseits wird die Wertigkeit des Gebietes erkannt,
dann wird es zugunsten von Gewerbeflächen aber aufgehoben.“
Die Debatte ist längst nicht abgeschlossen: Vor dem Hintergrund des mit Stimmen von SPD, CDU, Grünen und Die Partei beschlossenen Klimavorbehalts hat sich die Weyher Politik dazu verpflichtet,
den Klima-, Umwelt- und Artenschutz in sämtliche Entscheidungen mit einzubeziehen. Der Nabu findet das nicht genug berücksichtigt – und sieht in Dreye-West III auch keinen Einzelfall. Thomas
Brugger: „Der Druck nach Gewerbeflächen ist in der Gemeinde groß, um die Steuereinnahmen aufzubessern. Man geht in die wertvollen Gebiete – und wir haben wenig Naturraum.“
Mit der Grünen-Fraktion hat der Nabu bei dem Thema einen Fürsprecher. Ihre Chefin Annika Bruck verteidigt nach wie vor: „Wir stehen auf dem Standpunkt, dass wir zu tief in den Bereich eindringen.
So nah sollte man an ein FFH-Gebiet nicht heran.“ Sie fordert eine Garantie, dass bestimmte Gebiete auch in Zukunft naturbelassen bleiben.
Für die CDU-Fraktion gibt es kein Zurück, wie ihr Vorsitzender Dietrich Struthoff betont: „Die Gemeinde Weyhe braucht dringend die Steuereinnahmen.“ Immerhin sei sie vertragliche
Verpflichtungen bei der Ortskernsanierung in Leeste eingegangen, die Kita Leeste müsse gebaut werden und ein Baustopp an der KGS Leeste käme auch nicht in Frage. Die Einkommenssteuer steige
nicht, bei der Gewerbesteuer verzeichne die Gemeinde Einbrüche. Der Klimaschutz sei den Christdemokraten weiter wichtig, aber auch er koste Geld.
Das Thema hat der FDP-Fraktion in der Vergangenheit „Bauchschmerzen“ bereitet, sagt Antje Sengstake. Die Fraktionschefin findet aber, dass Weyhe die zusätzlichen Gewerbeflächen braucht. Gegenüber
wirtschaftlichen Interessen ziehe der Naturschutz in der Regel den Kürzeren. Obgleich die Liberale stets für eine umsichtige Umsiedlung der an der Ochtum lebenden Tierarten eingetreten sei. Eine
Ausgleichsfläche müsste nach dem Dafürhalten der Freidemokratin vorzeitig angelegt werden. „Die Tiere müssen freiwillig umziehen“, sagt Antje Sengstake.
Politik berät Gutachten noch 2019
Die Erweiterung des Gewerbegebiets Dreye-West III befindet sich laut der Ersten Gemeinderätin Ina Pundsack-Bleith derzeit im „förmlichen Bauleitplanverfahren“. Es habe auf Forderungen hin mehrere
Begehungen des Areals gegeben, mit dem Ziel, die in dem Gebiet lebenden Vögel zu identifizieren und deren Brut- und Nistverhalten zu dokumentieren. „Die Ergebnisse der Untersuchungen sowie die
Abwägungsvorschläge müssen nun in der nächsten Zeit in öffentlicher Sitzung im politischen Raum beraten werden“, sagt die Bürgermeisterstellvertreterin. Dies sei noch für 2019 vorgesehen. Die
SPD-Fraktion will die Ergebnisse des Gutachtens abwarten, auf das sie laut ihrem Vorsitzenden Frank Seidel auch gedrängt hatte. „Wir brauchen noch Infos und Details“, sagt er. Liegen diese vor,
wollen die Sozialdemokraten sie „mit aller gebotenen Sorgfalt“ durchgehen.
Neue Ausgleichsflächen für die Erweiterung des Gewerbegebiets „in der näheren Umgebung“ zu schaffen, erachtet Pundsack-Bleith als selbstverständlich – „insbesondere entsprechend der Anregungen
aus den Beteiligungsverfahren“.
Kreiszeitung vom 16.10.2019
Nabu fordert Abkehr von Expansion
Erweiterung von Dreye West-III: Wird Lebensraum der Rohrweihe vernichtet?
Weyhe - Der Naturschutzbund Weyhe hat die Politik aufgefordert, die Erweiterung des Gewerbegebiets Dreye West-III – genauer gesagt: Richtung Ochtum – zu überdenken.
Das beratende Ausschussmitglied Dr. Ulrike Buck ruft deshalb „alle politischen Vertreter auf“, die Expansion Richtung Gewässerrandstreifen zu stoppen, „um die Vogelvielfalt zu erhalten“. Ob ihr
Appell noch rechtzeitig ist, bleibt offen.
Wie berichtet, will die Verwaltung neue Gewerbeflächen ausgerechnet in einem Areal schaffen, dass bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten eine Ausgleichsfläche ist – nämlich die für das
Gewerbegebiet Dreye West-III.
Weyhe: Rohrweihe im Erweiterungsgebiet gesichtet
Die Grenzlinie hinter der Spedition Beeger und dem Unternehmen MDEXX will die Gemeinde zum Gewässer hin verschieben. Das sehen Umweltschützer sehr kritisch, wie Dr. Buck und auch der Nabu-Vorsitzende Thomas Brugger deutlich machen.
In Richtung Leeste soll das Gewerbegebiet erweitert werden.
Ornithologen hätten im betroffenen Gebiet seit Anfang 2018 insgesamt 45 der in der Roten Liste vorkommenden geschützten Vogelarten dokumentiert, so Buck. Dort zieht zum Beispiel auch die
Rohrweihe ihre Kreise, eine laut Brugger „nach EU-Vogelschutzrichtlinie streng geschützte Art und besonders störempfindlich“.
Dieser Vogel wurde laut Nabu Weyhe zwischen März und Mai sogar 31 Mal sowohl „in der Ochtum“ als auch „in der Leester Marsch“ gesichtet.
Nabu befürchtet Zerstörung der Brutplätze in Dreye
Mehr noch: Zwei Paare wurden gesehen, die beide in der Nähe des Gewerbegebiets Dreye West-III gebrütet haben, berichtet Buck weiter. Der Nabu befürchtet, dass die Brutplätze und das Jagdrevier
zerstört werden.
„Rohrweihen haben eine Fluchtdistanz zwischen 100 und 300 Metern“, erklärt Buck. Sie sieht diese Distanz aber längst nicht mehr gewahrt, wenn die Expansion des Gewerbegebiets die Grenze auf 50
Meter an die Ochtum verschiebt. Dieses Areal um die Ochtum herum zählt zudem laut Brugger zu den „ausgewiesenen Vorbehaltsgebieten für die Rohrweihe, wo man Maßnahmen ergreifen sollte“.
Gebiet zur Ochtum hin schützenswert
Das Gebiet zwischen den letzten Gebäuden des Gewerbegebiets und der Ochtum falle sogar in die zweithöchste schützenswerte Stufe. Deshalb fordert der Nabu, dass sich entlang des Fließgewässers ein
Gewerbegebiet nicht ausweitet. Brugger kann der Argumentation eines Planungsbüros, das für die Gemeinde arbeitet, nicht folgen. Diese Planer gingen davon aus, dass keine Art gefährdet sei, weil
die Vögel ja – vereinfacht gesagt – woanders hinfliegen könnten. Brugger kommt zu einem ganz anderen Schluss: „Die Rohrweihe wurde auch im Kirchweyher und Rieder See gesichtet, aber dort gab es
keine Bruterfolge. Nur an der Ochtum gibt es sie. Deshalb bekommt das Gebiet großen Stellenwert.“
Ein anderer Aspekt wirkt in das Verfahren hinein. Zeitgleich mit dem Ausscheiden von Bürgermeister Andreas Bovenschulte gilt in Weyhe der vom Rat mit Stimmen von SPD, CDU, Grünen und der Partei
beschlossene Klimavorbehalt. Demzufolge hat sich der Rat verpflichtet, grundsätzlich „Lösungen“ zu suchen, die sich positiv auf „Klima-, Umwelt- und Artenschutz“ auswirken. Wirkt sich eine
Expansion positiv auf den Artenschutz aus? Die Bürgermeisterstellvertreterin war gestern bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Vize-Bürgermeister Frank Seidel wollte zu
diesem Thema keine Stellung beziehen. Er sei zwar im Thema, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende, aber er wolle sich vor einer Äußerung gegenüber der Presse mit seiner Partei abstimmen.
Grüne lehnen Gewerbegebiet-Erweiterung ab
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Antje Sengstake will sich keinesfalls direkt zum Thema äußern. Auf die Frage zum Sachstand hinsichtlich des Verfahrens verweist sie auf die Verwaltung. „Die
Entscheidung fällt allen nicht leicht. Zukünftige Projekte dieser Art werden es mit hoher Sicherheit in Weyhe sehr schwer haben“, so Sengstake.
Lediglich Annika Bruck, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hatte in den zurückliegenden öffentlichen Sitzungen deutlich gemacht, dass sie eine Expansion zulasten geschützter Arten ablehnt. Im
Frühjahr hatte die Politik beschlossen, die Vogelwelt neu zu bewerten.
„Die Gemeinde ist gut beraten, dem Ratsbeschluss zum Klimanotstand auch Taten folgen zu lassen und der Zerstörung von Flora und Fauna Einhalt zu gebieten. Dreye West-III gehört auf den Prüfstand
und darf nicht in einer Nacht- und Nebelaktion durchgewinkt werden. Es wird Zeit, dass wir uns im Zweifel für unsere Lebensgrundlagen entscheiden“, sagt Jens Uhlhorn, Vize-Vorsitzende der Grünen,
auf Anfrage.
CDU-Fraktion hakt Dreye West-III fast schon ab
Für die CDU-Fraktion ist die Gebietserweitung Dreye West-III schon fast abgehakt, so Dietrich Struthoff. Er befindet sich im Urlaub und habe an der jüngsten Sitzung des nicht-öffentlich tagenden
Verwaltungsausschusses nicht teilgenommen. Nach Kreiszeitungsinformationen wurde dort das Ergebnis der neuen Tierzählung vorgestellt.
Struthoff kann aber verstehen, weshalb die Verwaltung „ein großes Interesse hat, das Gewerbegebiet Dreye West-III zu erweitern“ und entsprechende Beschlüsse vorbereitet. Die Ansiedelung von
Hermes
und Jotbe in Sudweyhe langt aus Struthoffs Sicht längst nicht, um die vielen Wünsche der Verwaltung zu bezahlen. Einnahmen müssten her. Die Einkommensteuer sprudele nicht wie erhofft.
„Und es sind so viele Projekte am Laufen: Neue Kita-Räume werden gebaut, die KGS Leeste wird in einem Rutsch saniert. Das kostet viel Geld. Wir benötigen auch mittelfristig Einnahmen.“ Nicht
auszudenken wäre, wenn die Sanierung der KGS Leeste wegen Geldmangels gestoppt werden müsste. Der ehemalige Bürgermeister Andreas Bovenschulte hatte aus Sicht von Struthoff „auch deshalb in Weyhe
eine glorreiche Zeit, weil die Einnahmen so gut waren“.
Einen solventen Investor habe Bovenschulte für Dreye West-III angeleiert. Der CDU-Fraktionsvorsitzende geht davon aus, dass eine zwischenzeitliche Zählung während der jüngsten Brut- und Setzzeit
ergeben hat, dass eben keine geschützte Art gefährdet ist.
Kreiszeitung vom 15.10.2019
Nabu gibt keine Entwarnung
Ist Patient Hombach weg vom Tropf?
Der Hombach in Leeste in der Nähe des Mühlenkamp-Freitzeitgeländes
Weyhe - Tote Fische an der Wasseroberfläche, ein über Kilometer ausgetrocknetes Bachbett und dadurch freigelegte Muscheln: Die Bilder von Abschnitten des Hombach, der Richtung Ochtum zum Leester
Mühlbach wird, haben im Sommer zahlreiche Leser schockiert.
Das zeigten die Reaktionen im Internet. Überregionale ARD-Sender wie der Norddeutsche Rundfunk oder Radio Bremen griffen den Trockenfall der Weyher Gewässer auf und wollten wissen, weshalb der
Hombach sein Wasser verliert.
Wie geht es dem Bach jetzt? Eine Stippvisite gestern hat ergeben, dass das Bett des Hombachs in der Nähe des Mühlenkamps wieder zu etwa 30 Zentimetern gefüllt ist. Das zeigt auch der Pegel an,
der sich in Erichshof an der Straße Geestfurth befindet. Ist der Hombach damit weg vom Tropf, also gerettet?
Hombach: Grundproblem bleibt
„Gerettet kann man nicht sagen“, so Thomas Brugger. Der Vorsitzende des Weyher Naturschutzbundes sagt, dass das Grundproblem längst nicht behoben ist. „Wir haben große Defizite im
Grundwasserbereich“, so Brugger. Und das sei nicht nur im Norden, sondern deutschlandweit so.
In Weyhe und in anderen Gemeinden in der Region sei der Boden bis zu einer Tiefe von 1,80 Tiefe durchgetrocknet. Nur in der oberen Schicht, die höchstens 25 Zentimeter mächtig sei, finde man eine
Bodenfeuchte. Diese ist laut Brugger entscheidend für die Grundwasserneubildung. „Wir haben immer noch ein jährliches Regendefizit von rund 400 Litern pro Quadratmetern.“
Obgleich es in den vergangenen Tagen geschüttet hat, reicht das längst nicht, ist sich der Nabu-Vorsitzende sicher. „Wenn es mal einen Monat nicht regnen würde, könnte der
Hombach wieder austrocknen“, weil das Grundwasser nicht ausreichend neu gebildet werden kann. Brugger erinnert auch an die konkurrierende Wassersituation hinsichtlich der Trinkwassergewinnung
und den Bedürfnissen des Fließgewässers.
Brugger freut sich, dass die Harzwasserwerke den Brunnen 8, der im Einzugsbereich des Hombachs liegt, im Juli abgeschaltet hatten. Die Trinkwasserförderung in diesem Bereich bleibe weiter
ausgesetzt, sagt Ulf Panten, Umweltbeauftragter der Gemeinde, auf Anfrage. Das sei eine „kurzfristige Maßnahme“, um damit den Hombach zu schützen.
„Das ist schon mal erfreulich, dass die Harzwasserwerke einen Zusammenhang erkennen“, so Brugger. Die Harzwasserwerke verweisen wiederum auf den Klimawandel und auf die fehlenden Niederschläge.
Nabu-Vorsitzender: Trinkwasserförderung mögliches Problem
Brugger glaubt, dass die Trinkwasserförderung in der Region in erheblichem Maße dafür ursächlich ist, dass auch dem Gänsebach, der den Hombach zum Mühlbach werden lässt, das Wasser fehlt. Sein
Bett führt seit Jahren nicht mehr regelmäßig Wasser. Kürzlich aber hatte eine Grundwasserabsenkung zu einem Kuriosum geführt: Eingeleitete Flüssigkeiten hatten den Hombach rückwärts fließen
lassen, wie Dr. Ulrich Kuhlmann aus Leeste berichtete. Das Wasser strömte nicht nur Richtung Ochtum, sondern auch Richtung Mühlenkamp. Das bestätigen Thomas Brugger und Ulf Panten. Mittlerweile
sei der Kellerbau Nähe des Bachs abgeschlossen – das Gänsebach-Bett führt kein Wasser mehr.
Hombach-Pegelstand an der Geestfurth: 30 Zentimeter.
Wie soll es für die Gewässer weitergehen? Thomas Brugger findet es richtig, dass sich im Sommer Politik und Verwaltung – insbesondere der Landkreis – mit dem Trockenfall des Hombachs beschäftigt
hatten. Der Einrichtung eines Runden Tisches stehe der Nabu positiv gegenüber. Diese Absichtserklärung ist jetzt schon mehrere Monate alt. Viel ist noch nicht passiert. „Ich warte darauf, dass
die Gemeinde Weyhe einen Termin anberaumt. Das ist ein sensibles Thema“, so Brugger. Da ist auch Expertenwissen gefragt. Aus Sicht des Naturschützers ist klar, dass weder Gemeinde, noch der
Landkreis, noch die Harzwasserwerke sowie noch der Nabu mit der Situation zufrieden sind. Brugger glaubt, dass der Hombach durch seine Gräben und Zuläufe noch ein bisschen länger Wasser führt. Er
merkt aber kritisch an, dass die nächste Trockenperiode kommt.
Runder Tisch: Politik muss handeln
Beim Runden Tisch gehe es um eine mittel- und langfristige Perspektive, erklärt der Rathausmitarbeiter Ulf Panten. Die Verwaltung bereitet die Besetzung vor. Ein politischer Beschluss sei dazu
notwendig.
Die Beratungstermine stünden bereits fest: Am Mittwoch, 20. November, tagt der Fachausschuss, und dann geht das Thema durch den nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss. Am Mittwoch, 18.
Dezember, entscheidet der Rat. Dann könnte der Runde Tisch bereits im Januar eingerichtet werden. Panten geht davon aus, dass er nicht-öffentlich tagt – die Ergebnisse und Überlegungen, wie man
dem Hombach helfen könnte, sollten jedoch transparent sein.
Nabu Weyhe: Fließgewässer Lebensader der Natur
Für Thomas Brugger sind die Fließgewässer die Lebensadern der Natur. „Sie sind besonders wertvolle Bereiche, deshalb gilt es sie in Weyhe und anderswo zu schützen.“ Für den Nabu-Vorsitzenden
gehöre eine Wohnbebauung und schon gar kein Gewerbegebiet an ein Ufer heran. Brugger schüttelt den Kopf beim Thema Grundwasserabsenkungen. Wie könne eine Verwaltung den Bau eines Kellers
genehmigen, wenn sich in der Nähe ein Fließgewässer befindet? Die Politik müsse dafür Sorge tragen, dass dies grundsätzlich nicht mehr möglich ist.
Für Weyhe schlägt der Nabu-Vorsitzende ein Flurneuordnungsverfahren vor, sodass Flächen getauscht werden können, um dem Hombach zum Beispiel in Leeste mehr Raum zu geben. „Die Versickerungsfläche
muss dazu vergrößert werden.“
Regionale Rundschau vom 22.08.2019
Nabu in Weyhe richtet Fledermausschutz her
Zum Abhängen in den Bunker
Monatelang abhängen sollen die Fledermäuse in Weyhe. Die Ortsgruppe des Naturschutzbundes Deutschland will die Bunker in der Gemeinde mit entsprechenden
Unterschlupfmöglichkeiten als Quartier ausstatten.
Die Betonfladen für den Bunker als Fledermaus-Winterquartier haben Stefan Rathjen (von links), Vera Nietzer-Herrlich und Bernd Daneke vorgestellt. (Plaggenborg)
Weyhe-Leeste. Eine kurze, enge Treppe führt in den Bunker in Leeste, der keine fünf Quadratmeter misst. Es riecht modrig, es steht
etwas Wasser im Raum und es soll ein Zuhause für Fledermäuse werden, wenn es nach dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in Weyhe geht. Der will nun weitere Anlagen im Gemeindegebiet präparieren,
an die manche Menschen lieber nicht mehr denken mögen.
Kurt Stubbe war zuletzt als Kind in dem Bunker, der auf seinem Grundstück steht. Miteigentümer gibt es allerdings mehrere. Für ihn ist er das Relikt einer grausamen
Zeit. Zwischen seinem neunten und zwölften Lebensjahr musste er immer wieder in das Bauwerk, das zu jeder Seite etwa anderthalb Meter dick ist und nach oben etwa drei Meter misst. Innen kommt die
Höhe bis zur Decke nicht einmal auf zwei Meter. „Alle paar Nächte“, erinnert sich Stubbe, ging es dort hinein. Zum Kriegsende am häufigsten. „Das war schon schlimm“, sagt er, meint aber auch:
„Das war schon eine Sicherheit für uns“. Immer dann, wenn die Zehn-Zentner-Bomben den Boden, aber auch den Bunker erschüttert haben.
Nun sollen die Bauwerke eine harmlosere aber ähnliche Funktion bekommen. „Die alten Schutzbunker werden wieder Schutzbunker“, sagt Bernd Daneke, Zweiter
Vorsitzender des Weyher Nabu, nur eben jetzt für Fledermäuse. Solche Plätze seien rar heute, meint er. Im Winterschlaf atmen die Tiere nur ein bis drei Mal pro Minute. Werden sie im Schlaf
gestört, verbrauchen sie sehr viel Energie. „Wenn das häufiger passiert, können sie sterben.“ In den Weyher Quartieren sollen die Tiere vor allem eines haben: Ruhe. Möglichen Zugang zum dunklen
Heim können die Nachtjäger über einen der vier Luftschächte bekommen. Als zusätzliches Fledermaus-Portal hat der Nabu die Eingangstür angesägt. Als nächstes sollen dort Schilder montiert
werden, die auf den Bunker als Tierdomizil hinweisen und mit einer Telefonnummer versehen werden sollen. Sicherheitshalber werde er auch abgeschlossen.
Unterkommen sollen die Fledermäuse in dem Bunker auf zweierlei mögliche Arten. Das eine sind Betonfladen, von denen drei Stück in dem dunklen Quartier an der Wand
hängen. Auf ihrer Rückseite haben sie jeweils zwei Aussparungen, in denen Platz für Fledermäuse ist. Dazu kommen sogenannte Poroton-Steine. Die blockartigen Ziegel haben unterschiedlich große
Löcher und werden normalerweise im Hausbau verwendet. Auch sie hängen an der Wand.
Fledermäuse kommen, um zu bleiben, meint Daneke. „Die sind sehr ortstreu“, sagt er – dann, wenn ihnen ein Flecken gefällt. Ob sie wie erhofft über den Winter in die
Bunker im Gemeindegebiet einziehen werden, ist ungewiss. 30 dieser potentiellen Unterkünfte gebe es in der Gemeinde Weyhe, „fast alle auf der Westseite der Bahn“, sagt Daneke. Der Weyher Nabu
habe mit vier weiteren Bunkern begonnen, sie herzurichten. Dass der Initiator Daneke überhaupt auf die Idee mit den Bunkern gekommen ist, ist seinem Engagement in Sachen Eulen und Falken zu
verdanken, mit dem er vor drei Jahren startete. „Ich habe in dem Zuge immer wieder was gelesen über Bunker und Fledermäuse.“ An die Informationen über die brachliegenden Bauwerke ist er über
Stefan Rathjen gelangt, der die Informationen wegen eines Projekts für den Kreisheimatbund hatte.
Bis überhaupt Fledermäuse in die Winterquartiere einziehen, könnte es noch dauern. „Die Kleinen werden jetzt flügge“, sagt Daneke. Ab Mitte September beginnen die
Männchen und Weibchen mit der Paarungszeit. Auch das Anfressen von Fettreserven steht bis Oktober an und geht dann über in die Phase, in der bis Ende Oktober die Winterquartiere aufgesucht
werden. Geschlafen wird laut Nabu dann bis Ende März, bis der Lebensrhythmus der Flughunde mit der Suche nach einem Sommerquartier wieder von neuem beginnt. Im Juni und Juli sind die Weibchen mit
der Geburt und Aufzucht der Jungen beschäftigt, die Männchen sind dann meist Einzelgänger.
Unterwegs seien etwa Arten wie das braune Langohr oder auch der große Abendsegler. „Die gibt es überall in Weyhe.“ Im Verein gebe es ein Mitglied, das sich von
Berufs wegen mit Sonartechnik auskennt, sagt Daneke. In Eigenarbeit habe der ein entsprechendes Gerät gebaut. Anhand der Geräusche lasse sich die Art der Tiere feststellen. „Das ist eine
Wissenschaft für sich“, gibt sich der Nabu-Vorsitzende verblüfft. Wie viele Arten es in Weyhe gibt, ist derzeit noch unklar. In Bremen habe Daneke von 18 verschiedenen gelesen, in Deutschland
gebe es insgesamt 25, heißt es vom Nabu, weltweit seien es etwa 1200. Der Nabu-Mann fasst zusammen: „Wir werden überrascht sein, wie viele es hier gibt.“
Regionale Rundschau vom 12.08.2019
Nabu beobachtet Sechsbeiner
Insekten auf der Spur
Nabu beobachtet in diesem Sommer intensiv Sechsbeiner, um die Bestände zu analysieren
Ist notiert: Jonas Jäschke vom Weyher Nabu beschäftigt sich schon seit der Kindheit mit Insekten. Für die Insektensommer-Aktion des Naturschutzbundes hat er
Daten gesammelt.
Weyhe. Jonas Jäschke weiß, wo er sie findet. Mit seinem Notizbuch und zwei Naturführern in der Hand streift er durch den Garten der Naturschutzstation des
Weyher Nabu in Leeste. Immer mit dem Blick zum Boden. Ein Rundpfad ist frei gemäht, überall sonst recken sich Gräser, Wildkräuter und bunte Blühpflanzen weit in die Höhe. Jäschke, 21 Jahre,
zählt an diesem Nachmittag Insekten. Er führt eine Strichliste. Deutschlandweit hat der Naturschutzbund (Nabu) diesen zum Insektensommer erklärt. Unter dem Motto „Zählen wir, was zählt“ sind
Menschen dazu aufgerufen, die Anzahl der krabbelnden und fliegenden Tiere eine Stunde lang in einem kleinen Bereich zu beobachten. Die Daten nutzt der Nabu, um Rückschlüsse auf Bestände
ziehen zu können.
Der erste Meldezeitraum war vom 31. Mai bis 9. Juni, am Sonntag ging nun der zweite zu Ende. Nachmeldungen dürften kurzfristig noch möglich sein, denkt Jonas
Jäschke. Die erste Zählung hat er im heimischen Garten in Brinkum vorgenommen. Der Nabu hat pro Zeitraum acht Arten vorgegeben, die für den Laien gut zu erkennen und weit verbreitet sind. Wer
weitere entdeckt, konnte auch sie über das entsprechende Online-Portal melden.
Hinter einen Kandidaten in seinem Buch kann Jäschke gleich neun Striche nacheinander setzen. Auf einer Blüte eines Doldenblütlers sitzt ein Sechsbeiner mit
Streifen auf dem Rücken. „Die Streifenwanze habe ich vor diesem Jahr nur an einer Stelle in Stuhr gesehen“, sagt der Brinkumer, der nach seinem Bundesfreiwilligendienst beim
Umweltbeauftragten der Gemeinde Weyhe auch dem dortigen Naturschutzbund beitrat. Jäschke öffnet behutsam weitere Blüten, um zu sehen, ob dort noch mehr Wanzen stecken. Und tatsächlich,
fast überall haben sie sich eingenistet. „Ist schön und nett anzusehen“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht, als er die Striche neben die selbst gemalte Zeichnung des Tieres setzt. Zirpen
kommt aus allen Ecken des Gartens, der Wind rauscht durch die hohen Gräser. Die Wolkendecke zieht sich zu. Nicht gerade ideales Flugwetter für die Insektenarten mit Flügeln, sagt Jäschke.
Schmetterlinge, Bienen und Hummeln sind nur wenige unterwegs.
Einem Lebewesen, das fälschlicherweise oft zu den Insekten gezählt wird, macht das Wetter wiederum gar nichts aus, es schwebt stets unter freiem Himmel. Der
Nabu-Mann, der Geowissenschaften an der Universität Bremen studiert, geht am Rand des Teichs in die Hocke und deutet versteckt zwischen Gräsern auf ein dicht gesponnenes Netz. In der Mitte
sitzt eine dickbäuchige Spinne, deren Färbung an ein anderes Lebewesen erinnert: nämlich die Wespe. „Seit ein paar Jahrzehnten wandert die Wespenspinne weiter nach Norden“, sagt Jonas Jäschke
über die eigentlich im Mittelmeerraum beheimatete Art. Offenbar scheint sie sich aufgrund der klimatischen Veränderungen auch hierzulande wohlzufühlen. Um den Teich herum haben sich einige
Exemplare niedergelassen. Jonas Jäschke weiß, dass Spinnen bei Menschen oft Objekt von Phobien sind, doch die Jäger seien äußerst wichtig, um alles im Gleichgewicht zu halten. „Sie haben zu
Unrecht diesen Ruf“, sagt er. „Es kann größere Folgereaktionen haben, wenn die Zahl von Schlüsselarten abnimmt“, erinnert Jäschke an das Hauptanliegen der vom Nabu initiierten Zählung.
Auf der Liste steht auch die Blaue Holzbiene. Beim Bienensterben denken viele gleich automatisch an die Honigbiene, doch vor allem viele Wildbienen-Arten seien
bedroht, sagt Jäschke. Ausreichend Nahrung könne der Mensch zur Verfügung stellen, wenn er Wiesenstücke weniger mäht oder zumindest Teile davon wild wachsen lassen würde. „Mit gar nichts tun
kann man viel erreichen“, sagt Jäschke.
Als sich die Wolken allmählich voneinander wegbewegen, geht er den kurzen Waldpfad zum Böttcher Moor entlang. Das Wasser des Schlatts ist weit zurückgegangen,
in der Mitte hat sich eine Insel gebildet, auf der Grünpflanzen aus dem Boden sprießen. Libellen zucken knapp über der Wasseroberfläche. Über die Binsen am Ufer fliegt ein Falter hinweg. „Die
Vielfalt der Falter hat nach meinem persönlichen Empfinden abgenommen“, sagt Jäschke. Doch Distelfalter, so wie das beobachtete Exemplar am Ufer, habe er in diesem Jahr vermehrt gesehen. Sie
legen weite Strecken zurück. „Der hat schon ein paar 1000 Kilometer auf dem Buckel“, bemerkt der Umweltschützer. Woran er es erkennt? „Die Distelfalter sehen dann ausgeblichen aus, haben oft
kaputte, ausgefranste Flügelenden.“
Jäschke und seine Mitstreiter vom Nabu werden weiter ein Auge auf die Entwicklung der Arten haben. Für das Böttcher Moor, das aufgrund des Wasserstandes derzeit
eines der Sorgenkinder der Naturschützer ist, kann er, zumindest was die Insektenpopulation angeht, sagen: „Ein neues internes Gutachten besagt, dass sich der Bestand gut entwickelt.“
Die Spinne wird oft als Insekt bezeichnet, ist aber keines. Die Wespenspinne mit ihrer gelb-schwarzen Färbung stammt eigentlich aus dem Mittelmeerraum, fühlt sich aber auch hierzulande wegen
klimatischer Veränderungen immer wohler.
Weyhe - Naturschützer schlagen Alarm: Innerhalb weniger Wochen ist der Hombach in Weyhe laut Thomas Brugger vom Naturschutzbund erneut trocken gefallen. Das Bett führte am vergangenen Freitag von
der Brücke der Bundesstraße 6 bis zur Ochtum – auf einer Länge von fünf Kilometern – kein Wasser mehr.
Der Vorsitzende des Weyher Naturschutzbundes spricht von „Hunderten toten Fischen“, betroffen seien „vermutlich auch Flussmuscheln und Kleingetier“. Der Nabu-Vorsitzende wiederholt seinen bereits
in der Vergangenheit gestellten Verdacht, dass die Trinkwassergewinnung verantwortlich sei. Einen Kausalzusammenhang will die zuständige Behörde aber nicht bestätigen. Indes fordert Brugger
Politik und Verwaltung auf, sich mit diesem Problem intensiver zu beschäftigen. Seine Bitte verhallt nicht: Kurzfristig kommen Vertreter der Parteien zu einem Infotreffen zusammen.
Wie Brugger schildert, war am Sonntag der Hombach-Wasserstand an der B6 fast auf Null, während sich in Fahrenhorst der Pegel bei 18 Zentimetern befand. Ein ähnliches Bild ergab sich laut Weyhes
Nabu-Vorsitzenden in Nordwohlde. „Zwischen Fahrenhorst und der B6 in Weyhe liegen drei Trinkwasser fördernde Brunnen. Mir ist aufgefallen, dass allein zwischen Warwe und Wulhoop der Hombach die
Hälfte seines Wasservolumens verliert“, so Brugger.
Aus ökologischer Sicht sei der erneute Trockenfall des Hombachs im Weyher Abschnitt eine „Katastrophe“, so der Leester Ulrich Kuhlmann. Der Mediziner zeigt aktuelle Bilder. Die Motive: ein Bett,
in dem kein Wasser mehr fließt, und tote Fische. Das Foto hat er an der Brücke Hombachstraße, also am Parkplatzeingang zum Kindergarten, gemacht. Wie Thomas Brugger glaubt Ulrich Kuhlmann, dass
die Situation „mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ auf die Wasserentnahme der Ristedter Brunnen zurückzuführen sei.
Dass die Harzwasserwerke mit ihrer Trinkwasserförderung in den Gemeinden Syke, Stuhr und Weyhe den Grundwasserspiegel beeinflussen, sei unstrittig, so Dieter Schmidt vom Tiefbauamt des
Landkreises. Die Frage aber ist, wie sich das auf den Hombach auswirkt und ob dadurch ein Austrocknen des Bettes ausgelöst werden könnte – zumal Niederschläge fehlen. Verlässliche Antworten
darauf könne niemand geben. Als der Hombach vor einem Monat das erste Mal trocken fiel, habe der Landkreis das zum Anlass genommen, den Brunnen 8 abschalten zu lassen. Dieser sei seit
Monatsanfang – mit kurzer Unterbrechung am 19. Juli für eine hygienische Spülung – außer Betrieb, so Schmidt. Würde es die toten Fische geben, falls die Harzwasserwerke sämtliche Förderungen
einstellen würden, fragt Schmidt. Er glaubt es nicht und sieht als möglichen Grund sinkende Grundwasserstände an. Dieses Phänomen könne man landesweit beobachten. Eine enorme Verdunstung sei
ebenso nicht ausgeschlossen, um eine weitere Möglichkeit zu nennen.
Den Fischen ist es laut Ulrich Kuhlmann egal, ob eine oder mehrere Ursachen dazu führen, dass sie sterben. „Wenn eine einzige Maßnahme, nämlich die Einstellung der Ristedter Brunnen, das
Überleben sichern kann, dann muss man im Sinne eines Moratoriums, umgehend handeln“, so Kuhlmann.
Die Verwaltung sei an dem Thema dran, versichert Rathausmitarbeiterin Jutta Timmermann. Die Gemeinde teile die Sorgen der Bürger. Als Sofortmaßnahme habe die Verwaltung die Helfer des
Freiwilligen Sozialen Jahres zum Hombach gebeten. Sie sollen schauen, ob Tiere zu retten sind. Die Gemeinde will den Kontakt zum Landkreis intensivieren und mit der Politik Lösungswege beraten.
„Sofortiges Handeln ist zwingend notwendig“, findet Antje Sengstake von der FDP. „Ich bin davon ausgegangen, dass mit Abschaltung des Förderbrunnens 8 das Problem der Austrocknung des
Hombach/Gänsebach vorerst eingedämmt wurde. Die Bilder von Dr. Kuhlmann sprechen eine andere Sprache. Ich lebe seit nunmehr 55 Jahren in Weyhe und kann mich nicht erinnern, eine Austrocknung der
Bäche erlebt zu haben. Supersommer hatten wir in den vergangenen 50 Jahren schon viele“, so die Fraktionsvorsitzende der Liberalen.
Er sei kein Wasserexperte, begründet Frank Seidel, weshalb er sich ein Bild von der Lage machen will. Deshalb bat der Fraktionsvorsitzende der SPD um ein Treffen mit den Naturschützern, zu dem
die Vertreter der anderen Parteien kommen sollen. „Wir müssen uns erst informieren, um Lösungen zu erarbeiten“, so Seidel. Ihm schwebt die Einrichtung eines runden Tisches vor, zu dem auch
Vertreter des Nabu, des Wasserversorgers, der Politik und der Verwaltung zählen. Gemeinsam müsste man schauen, welchen Einfluss die Politik üben könne.
„Natürlich beunruhigt uns der Wasserstand des Hombachs“, so Annika Bruck, Fraktionschefin der Grünen, die sich ebenfalls ein Bild von der Lage machen will.
Die Politik könne vorerst die Bürger nur auffordern, Wasser zu sparen, sagt Dietrich Struthoff, Fraktionsvorsitzender der CDU. Langfristig müssen tragfähige Lösungen her. Er glaubt, dass
Trockenperioden weiter zunehmen. Der Christdemokrat schlägt vor, Niederschläge ausschließlich auf Grundstücken versickern zu lassen. Man könnte darüber reden, dass die Einführung von Regenwasser
in die Kanalisation künftig grundsätzlich Geld kostet.
Regionale Rundschau vom 30.07.2019
Gänsebach und Hombach trocken
Bäche in Weyhe ohne Wasser
Nah am Gänsebach in Weyhe liegt das Biotop von Thomas Klauke, allerdings meint er, dass das Grundwasser sinkt. Hintergrund könnte die Grundwasserentnahme der Harzwasserwerke sein, die das anders
sehen.
Im Gänsebach in Weyhe (Am Angelser Feld) ist gerade komplett Ebbe, derzeit aber wohl länger als üblich. (Michael Braunschädel)
Thomas Klauke hegt große Gefühle für die Natur im Allgemeinen, für sein Biotop am Gänsebachweg im ganz Besonderen. Dort lehrt er den richtigen Umgang mit der Sense, die Behandlung kranker Bienen
oder auch Kochen an der Feuerstelle. Das Gelände rund um seinen Teich dort macht ihm allerdings auch zu schaffen. Dort mangelt es an Wasser, auch am Gänsebach, der hinter seinem Grundstück
entlang läuft. Der liegt, wie auch der Hombach inzwischen erneut, trocken. Klauke und der Weyher Naturschutzbund-Chef Thomas Brugger sehen die Verantwortung bei den Harzwasserwerken (HHW), die
ihrerseits andere Gründe dafür sehen.
Klauke hat sich seinen Traum von einer grünen Oase erfüllt. Darin leben Schafe, die er selbst schlachtet, räuchert, verarbeitet. Reichlich Obstbäume haben Platz auf dem Areal, dessen Erhalt ihn
jährlich 1500 bis 2000 Euro kostet. Beim Kauf des Grundstücks half einst die Bingo Umweltlotterie mit 20 000 Euro. In seinem Teich hat Klauke einen Wasserpegel stehen, der weit aus dem Wasser
herausragt. Heißt: Der Wasserstand ist niedrig, seiner Meinung nach zu niedrig. An seinem grundwassergespeisten Teich lasse sich der Pegel der Gemeinde ablesen.
Jedes Jahr sinkt das Wasser
Wasser ist auch genau das, was dem Physiker und promovierten Maschinenbauingenieur Sorge macht. Denn auch der Gänsebach hat zu wenig Wasser. Derzeit keines. Schwankungen innerhalb des Jahres
seien völlig normal, sagt er. Es gebe einen Grundwasserzyklus. Der Stand sinkt im Sommer, der Tiefstand folgt im September, dann steigt er wieder und erholt sich in der Regel bis Februar/März,
sagt Klauke. Inzwischen aber sei der Bach ganzjährig ausgetrocknet, auch im vergangenen Jahr schon, in dem es allerdings auch eine Dürre gegeben habe.
Seit 2017 macht er auch in seinem Teich eine andere Beobachtung. Da habe er gemerkt: „Der Teich wird nicht mehr richtig voll.“ Dort nimmt Klauke zusehends eine trockengelegte Flachwasserzone
wahr. Die Abbruchkante ist sichtbar – beides eine für ihn deutlich sichtbare Veränderung. Das Wasser werde jedes Jahr weniger. Außerdem sieht er: Die Bäume gehen ein. Sie vergreisen, weil die
Wurzeln verenden. Optisch heißt das, ihr Blattwerk dünnt aus. Klauke sagt, das liege an der Grundwasserentnahme der Harzwasserwerke, die unweit des Biotops Brunnen haben. „Es gibt kein
Wassermanagement“, kritisiert er, sagt aber auch, dass die Werke natürlich Wasser entnehmen dürfen. Dennoch meint er: „Man kann nicht mehr entnehmen, als nachkommt.“
Der Klimawandel ist nicht der einzige Faktor
Für die Harzwasserwerke ist genau das Nachkommen das Problem. Demnach sind die Niederschläge stark zurückgegangen, vor allem in 2018, sagt HHW-Sprecherin Marie Kleine auf Nachfrage. „Es gab immer
mal Defizite“, allerdings gebe es eine Aneinanderreihung trockener Jahre. Insgesamt habe der Klimawandel stark zugenommen. Einem beobachteten Zusammenhang stimmt sie zwar zu. „Die Entnahme führt
dazu, dass Wasser sinkt“, sagt Sprecherin Marie Kleine.
Aber: „Wir haben in den 1980er- und 1990er-Jahren mehr Trinkwasser entnommen, als zurzeit“, sagt sie. Damals habe es noch andere Abnehmer gegeben. „Wir haben unser Verhalten nicht verändert.“
Neben dem Klimawandel könnte ein weiterer Faktor sein, „dass auch andere Leute ihr Verhalten verändert haben“. Kleine fasst zusammen: „Wir sind nicht der auslösende Faktor für das, was die Leute
beobachten.“ Erneut in einigen Teilen trocken gelaufen ist auch der Hombach, teilt Thomas Brugger vom Nabu mit. Erstmalig beobachtet hatte er es bereits zu Beginn des Monats. Dass es einen
extremen Niederschlagsmangel gebe, bestätigt er. „Die Frage ist, ob die Brunnen richtig platziert sind.“
Brunnen 8 (zwischen B 6 und Wulfhoop) ist einer Anfrage Bruggers an den Landkreis zufolge seit circa drei Wochen mit Ausnahme eines Tages außer Betrieb. Die Wasserführung im Hombach sei demnach
nicht diesem Brunnen anzulasten. Brugger fordert, dass der HFB1-Brunnen (zwischen Warwe und Wulfhoop) der nächste ist, der abgeschaltet werden sollte. Er ziehe die zweieinhalbfache Menge des
B-8-Brunnens. Eine Folge des fehlenden Wassers scheint auch das Sterben von Fischen zu sein. Entsprechende Bilder liegen der Redaktion vor. Brugger zufolge erleiden die Fische im Hombach
Sauerstoffmangel, weil sie in Restwassermulden „nicht vor und zurück“ könnten.
Kreiszeitung vom 17.07.2019
Harzwasserwerke und Nabu suchen Antworten
Wie konnte der Hombach trockenfallen? - „Ein Stück Heimat geht verloren“
Weyhe - Die gute Nachricht: Die dramatische Lage am Hombach hat sich entspannt: Das Fließgewässer, das in Bassum entspringt, führt wieder Wasser. Die schlechte Nachricht: das Bett des Gänsebachs
ist weiterhin trocken.
Am Anfang des Monats war der Hombach erstmals tageweise trockengefallen – von der B6 bis zur Ochtum (wir berichteten). Thomas Brugger vom Nabu sieht weiterhin einen Zusammenhang zwischen der
Trinkwasserförderung der Harzwasserwerke und dem Trockenfall beider Bäche. Die Harzwasserwerke sehen andere Gründe.
„Ich kann die Sorgen der Bevölkerung verstehen. Die Menschen wohnen seit Jahrzehnte in Weyhe und sehen, dass Dinge, auf die man sich immer verlassen konnte, nicht mehr eintreten“, sagt Marie
Kleine, Pressesprecherin der Harzwasserwerke. Sie nennt den Klimawandel und die fehlenden Niederschläge als Hauptursachen, weshalb der Hombach zeitweise kein Wasser geführt hat. „Es wird
trockener.“ Im Sommer gibt es laut Kleine mehr heiße Tage, die aufeinanderfolgen, und der Winter bringt viel weniger Flüssigkeit als früher. Das belege eine Studie, die für den Harz Daten von
1941 bis 2018 untersucht hat. Eine ähnliche Situation liege im Bremer Vorland vor. Unterdurchschnittliche Niederschläge würden in Stuhr, Weyhe und Syke „enorme Auswirkungen“ verursachen, sagt
sie. Marie Kleine findet es richtig, dass sich der Nabu für die Umwelt einsetzt. „Er will uns nichts Böses“, aber die Probleme etwa vom Kleinen Schlatt in Leeste und jetzt der Bäche nur auf die
Trinkwassergewinnung zu schieben, „wäre zu verkürzt“. Illegale Entnahmen könnten die Wassermengen im Hombach ebenfalls verringern. Die Sprecherin der Harzwasserwerke will aber nicht ausschließen,
dass möglicherweise eine Wechselwirkung zwischen der Wasserförderung und dem abschnittsweisen Trockenfall des Bachs besteht. Deshalb habe sich der Wasserversorger entschlossen, ein Experiment
durchzuführen und einen von 19 Brunnen vorläufig stillzulegen. Marie Kleine sagt, dass außerdem derzeit erheblich weniger Wasser gefördert würde, als noch in den 1980er- und 1990er-Jahren, und
die Förderhöchstmengen würden längst nicht ausgeschöpft.
Wie Kleine zudem erklärt, sei der Brunnen 8 nicht weit vom Hombach entfernt. Sie kündigt an, dass dieser weiterhin temporär außer Betrieb bleibt, um „verlässliches Datenmaterial zu bekommen“. Es
gibt jetzt zwar Daten, aber die seien nicht verwertbar. Zwischenzeitlich seien nämlich Niederschläge hinzugekommen, erklärt Kleine. Den Harzwasserwerken sei daran gelegen, die Diskussion
voranzubringen. Daten sollen belastbare Antworten geben, weshalb der Hombach wirklich trockengefallen ist. Ältere Weyher hatten bekundet, dass sie etwas Vergleichbares noch nie in der Geschichte
der Gemeinde Weyhe beobachtet hätten und äußerten Ängste.
Thomas Brugger vom Weyher Nabu kann ebenfalls die Sorgen der Bürger verstehen. „Ein Stück Heimat geht verloren“, wenn ein Bach wie der Hombach, übrigens ein EU-relevantes Gewässer, kein Wasser
mehr führt. Der Nabu-Vorsitzende freut sich über das Experiment der Harzwasserwerke. Sie hatten den Brunnen 8, Fördermenge bis 3 013 Kubikmeter pro Tag, am Freitag, 5. Juli, abgeschaltet. Brugger
ist daraufhin das Gewässer mehrfach abgefahren und hat eigene Daten erhoben. Er interessiert sich ebenfalls für die Veränderungen wie der Wasserversorger. Für den Nabu-Vertreter ist das
Abschalten von Brunnen 8 ursächlich für die Auffüllung des Bachbettes. Anders ausgedrückt: „Die Brunnen saugen dem Bach das Wasser weg“, sagt der Umweltschützer. Laut Brugger war der
Wasserspiegel in Fahrenhorst am 10. Juli im Vergleich zum 6. Juli minimal gesunken, gleichzeitig stieg der Pegel an der B6 an: von drei auf sieben Zentimeter. „Das ist ungewöhnlich“, so Brugger.
Bis zum 5. Juli wurde in Fahrenhorst ein Durchfluss von 12. 960 Kubikmetern am Tag gemessen. An der Bundesstraße 6 kam aber nichts an.“ Zwischen Fahrenhorst und Melchiorshausen befinden sich drei
Brunnen: HFB 1 sowie die Brunnen 8 und 9. Sie würden zusammen bis zu 11.500 Kubikmeter pro Tag fördern.
Der Landkreis will sich ebenfalls an der Ursachenforschung beteiligen. Ergebnisse liegen noch nicht vor, so Kreisrat Jens-Hermann Kleine.
Regionale Rundschau vom 09.07.2019
Trinkwasserförderung eingestellt
Hombach fällt in Weyhe erstmals trocken
Welcher Weyher kann sich daran erinnern, dass der Hombach jemals trocken lag? Thomas Brugger vom Nabu kennt niemanden. Genau das ist jetzt passiert. Und weitere Gewässer könnten folgen.
Der Wasserstand des Mühlenkampsees ist niedrig wie selten zuvor, viele Muscheln verenden im Schlamm. (Fotos: Sebastian Kelm)
Der Regen der vergangenen Tage hat etwas Linderung gebracht für den Leester Mühlenbach. Führte dieser kürzlich kurzzeitig kein Wasser mehr, kann er mittlerweile immerhin wieder als Rinnsal
bezeichnet werden, zumindest Pfützen haben sich wieder gebildet. Thomas Brugger, Vorsitzender der Weyher Ortsgruppe des Naturschutzbundes (Nabu), befürchtet dennoch einen „Totalschaden“ für das
Gewässer, insbesondere für die dort lebende Tierwelt. Die Querder etwa, wurmartige Larven der Neunaugen, die im Boden zu finden sind, dürften das Trockenfallen kaum überstanden haben, glaubt er.
„Eine ganze Generation dahin“, beklagt Brugger sichtlich betrübt. Noch dramatischer, weil trockener, ist die Situation aber am Hombach.
In dessen Verlauf von Nordwohlde bis Fahrenhorst bleibe der Wasserkörper stabil bei einer Tiefe von 25 Zentimetern und 2,2 Metern Breite, hat der Nabu-Mann beobachtet, weiter abwärts bis zur B 6
in Melchiorshausen verliere er dann aber 80 Prozent seines Volumens und sei gerade einmal noch fünf Zentimeter tief. Dies beginne also, wo die Harzwasserwerke mit dem Fördern von Trinkwasser
anfangen. Im Unterlauf – Hombach und der regelmäßig trockenfallende Gänsebach werden in Leeste zum besagten Mühlenbach – ist er teilweise komplett leer. Und das ausgerechnet am beliebten,
gerade erst aufwendig aufgewerteten Mühlenkampgelände und dem dortigen See – um dessen Fortbestand Brugger sich aufgrund des sinkenden Pegels ebenso sorgt wie überdies Klosterbach und Hache. Der
Hombach verlandet schon jetzt zusehends, und er fragt: „Welcher Weyher Bürger hat das schon einmal erlebt?“ Er selbst kenne jedenfalls keinen.
250 Flussmuscheln gerettet
Brugger und weitere Nabu-Mitstreiter hatten daher am Wochenende alle Hände voll zu tun, rund 250 Große Flussmuscheln aus dem Schlamm zu retten und in den nahen Mühlenkampsee zu bringen. Die
Muschel wird in der Roten Liste der gefährdeten Arten in der Kategorie als „vom Aussterben bedroht“ geführt. Tote Exemplare finden sich dennoch weiterhin zuhauf im Uferbereich, der auf einem
breiten Streifen bereits nur noch Matsch ist. Davon scheinen aber noch nicht allzu viele Besucher des Areals, Notiz genommen zu haben.
Der Nabu-Vorsitzende kritisiert: „Über 100 Grundwassermessstellen, aber keiner merkt, dass der Fluss schon am 29. Juni ausgetrocknet ist.“ Die Ursache für all dies hat er ausgemacht: die
Trinkwassergewinnung durch die Harzwasserwerke. Die machte er bereits dafür verantwortlich, dass das Böttchers Moor an Wasserschwund leidet und das benachbarte Kleine Moor inzwischen komplett
trocken liegt (wir berichteten). „Zuerst sterben die Moore, dann die Flüsse“, warnt er. Jetzt habe es eben Hombach und Mühlenbach „erwischt“.
Die Trockenheit 2018 und in diesem Jahr haben seiner Ansicht nach zwar auch ihren Anteil daran, dass die Pegel sinken, an den mangelnden Niederschlägen allein könne die beängstigende Entwicklung
indes nicht liegen. Brugger prangert an, dass die jährliche Menge des geförderten Trinkwassers in der Region von 16 auf 20 Millionen Kubikmeter erhöht wurde – 80 Prozent davon aber
nicht hier bleiben, sondern nach Bremen gehen. „Weil es eben billiger ist, bei uns Grundwasser zu fördern, als es aus der Weser zu gewinnen“, erklärt er.
Im Normalfall würde hier Grundwasser durch sogenannte Exfiltration in den Hombach fließen, führt er weiter aus. Das Gegenteil, Infiltration, ströme stattdessen aber Flusswasser in den
Boden. Damit der Hombach nicht weiter „leer gesaugt“ wird, fordert er, dass die Entnahme in der Nähe mindestens reduziert wird.
Brunnen B 8 seit Freitag außer Betrieb
Genau das hat der Landkreis Diepholz nun tatsächlich verfügt. Martin Kleingünther von der zuständigen Unteren Wasserbehörde bestätigt in einem Antwortschreiben an Thomas Brugger das
Vorliegen von „extremen Ereignissen im Hombach, wie sie bislang noch nie dagewesen sind“. Und er verkündet: „Als gegensteuernde Maßnahme greift seit Freitagmittag die Einstellung der
Trinkwasserförderung des Brunnens B 8.“
Kreiszeitung vom 09.07.2019
„Bäche sind trockengefallen“
Nabu-Vorsitzender Thomas Brugger schlägt Alarm und sieht Gefahr für den Mühlenkamp-See
Nicht nur der Hombach trocknet aus, auch das Bett des Gänsebachs führt kein Wasser mehr. Das Bild zeigt den Pegel unter einer Brücke. Thomas Brugger macht die Trinkwassergewinnung dafür
verantwortlich.
Thomas Brugger vom Naturschutzbund (Nabu) Weyhe schlägt Alarm. Wieder einmal. Diesmal geht es aber nicht um Böttchers Moor und um das Kleine Moor in Leeste, wo die Wasserstände deutlich gefallen
sind.
Weyhe - Nein, jetzt geht es um die Fließgewässer Hombach und Gänsebach. „Jedes Flussbett ist trocken.“ Davon hat sich der Nabu-Vorsitzende selbst überzeugt. Er wundert sich, dass es in diesem
Gebiet rund 100 Messstellen gibt, aber niemand etwas bemerkt haben will.
Zwei Spaziergängern war Ende Juni das fehlende Wasser aufgefallen. Sie meldeten sich beim Nabu. Brugger hat die Beobachtungen überprüft und stellt Auffälligkeiten fest: „Von Nordwohlde bis
Fahrenhorst verliert der Hombach keine Wassersubstanz“, so Brugger. Aber auf den nächsten sechs Kilometern von Fahrenhorst bis zur Bundesstraße 6 in Melchiorshausen verringert sich das Volumen
dieses Fließgewässer um „etwa 80 Prozent“. „Unter der B6-Brücke war der Hombach nur ein Rinnsal.“
Ist die Trinkwassergewinnung die Ursache?
Der Nabu-Vorsitzende hat den Verdacht, dass die Trinkwassergewinnung dafür ursächlich ist. Genau dort greifen nämlich laut Brugger die Trinkwasserbrunnen in den Wasserhaushalt ein und bewirken
eine Absenkung des Grundwasserpegels bis zu 1,5 Meter. In Höhe Wulfhoop stehen die ersten Trinkwasserbrunnen der Harzwasserwerke in einem Abstand von 200 bis 300 Meter zum Fließgewässer. Solche
Brunnen macht Brugger auch für den Trockenfall des Gänsebachs verantwortlich.
„Normalerweise würde Grundwasser in die Bäche laufen und sie speisen, aber durch die Absenkung fließt das Wasser vom Hombach und Gänsebach in das Grundwasser, was wiederum von den Brunnen
erwischt wird.“
Zum Vergleich: Am Samstag sei der Pegelstand des Hombachs in Fahrenhorst 25 Zentimeter hoch gewesen – direkt an der Bundesstraße 6 war er aber nur zwei Zentimeter hoch.
Thomas Brugger hatte den Landkreis informiert, und der habe sofort reagiert. „Der sogenannte Brunnen 8 wurde rausgenommen, weil er keine 200 Meter vom Hombach entfernt ist.“ Das habe Wirkung
gezeigt. Der Pegel erholte sich und stieg auf fünf Zentimeter. Sicherlich hätten auch die Niederschläge am Samstag den Anstieg begünstigt, glaubt Brugger.
Diese Muscheln rettet der Nabu vor dem Austrocknen.
Wenn der Hombach aber weiterhin wenig Wasser führt, könnte dieser Umstand auch eine Gefahr für den Mühlenkamp-See bedeuten. Denn auch dieser See speist sich über den Hombach, und dort sei der
Pegel um 40 Zentimeter gesunken.
Brugger glaubt, dass diese Probleme in den kommenden Jahren zunehmen werden, und fordert, die Trinkwassergewinnung auf eine andere Basis zu stellen. Das Wasser aus dieser Region wird zum Beispiel
nach Bremen verkauft. Die Hansestadt bekommt laut Brugger aus den umliegenden Kommunen das Trinkwasser, aber auch aus den 19 Brunnen rund um Weyhe. Dieser Anteil betrage 44 Prozent. Bremen sollte
dazu die Weser anzapfen und die Flüssigkeit aufbereiten.
Kreisrat Jens-Hermann Kleine bestätigt, dass der Brunnen 8 vom Fördernetz genommen worden ist. Der Landkreis als Untere Wasserbehörde ist in die Ursachenforschung eingestiegen. Wie Kleine
bemerkt, war der Sommer 2018 „sehr trocken“. In diesem Jahr waren die Niederschlagsmengen zwar höher, aber nicht so hoch, um das Defizit vom Vorjahr auszugleichen. Die Folge: Der Grundwasserstand
sinkt weiter ab. Außerdem war die Lufttemperatur in diesem Juni sehr hoch, das bedeutet laut Kleine, dass die Verdunstung ebenfalls sehr hoch war.
Weitere Entwicklung im Fokus
Um das Rätsel des trockenen Bachlaufs zu klären, habe die Gemeinde geprüft, ob Unbefugte Wasser aus dem Hombach entnommen haben. „Schläuche wurden glücklicherweise nicht entdeckt“, so Kleine. Ob
die Annahme Bruggers, dass die Trinkwassergewinnung ursächlich sei, zutrifft, müsse geprüft werden. Man wolle schauen, wie sich das Grundwasser entwickelt, wenn der Brunnen 8, der sich auf halbem
Weg zwischen Seckenhausen und Melchiorshausen befindet, abgeschaltet bleibt.
Der Landkreis habe auf den Missstand reagiert und laut Jens-Hermann Kleine erlaubt, Fische und andere Wasserlebewesen umzusetzen. Das hat der Nabu auch getan: Unter anderem hatte Thomas Brugger
mehr als 250 Muscheln einer geschützten Art am Auslauf des Mühlenkampsees entdeckt und diese sofort in das Stillgewässer umgesetzt.
Regionale Rundschau vom 06.06.2019
Mit dem Nabu Insekten zählen
bis zum 9. Juni Meldungen zum Artenbestand abgeben
Nabu-Aktion Insektensommer Foto: Eric Neuling
Noch bis Sonntag, 9. Juni, läuft das Forschungsprojekt Insektensommer des Naturschutzbundes (Nabu). Die Naturschützer fordert dazu auf, sich am
Insekten-Zählen zu beteiligen. „Suchen Sie sich einen schönen Platz im Garten oder der Natur, und helfen Sie mit, die Artenvielfalt und Anzahl jeder Insektenart zu sammeln, denn jedes
Insekt ist wichtig“, teilt Bernd Daneke mit, zweiter Vorsitzender der Weyher Ortsgruppe. Der optimale Tag, um viele Insekten zu sehen, sei sonnig, warm, trocken und windstill. Wer
mitmachen will, notiert alle Insekten, die innerhalb einer Stunde am Beobachtungsplatz entdeckt werden – auch in Blumentöpfen, an Bäumen oder unter Steinen kann nachgesehen werden.
Bei fliegenden Tieren wie Schmetterlingen oder Hummeln sollten sich Teilnehmer die von jeder Art größte gleichzeitig anwesende Zahl notieren, sodass
Doppelzählungen nach Möglichkeit umgangen werden. Daneke nennt ein Beispiel: „Wenn am Anfang der Beobachtungszeit ein Kohlweißling vorbeifliegt und eine halbe Stunde später noch einmal
einer, könnte es beide Mal das selbe Tier sein. Gemeldet wird in diesem Fall also nur ein Kohlweißling.“
Die Beobachtungen werden als sogenannte Punktmeldungen erfasst. Es sollen also nicht die Insekten eines größeren Gebietes zusammengefasst werden, sondern
nur die von einem eng begrenzten Beobachtungsort. Diesen Ort hat der Nabu als Umkreis von höchstens zehn Metern festgelegt – das sind immerhin gut 300 Quadratmeter und damit Raum für
viele interessante Insektenfunde. Wer Lust und Zeit hat, kann an mehreren Orten beobachten, muss dann aber jedes Mal eine separate Meldung abgeben.
Auch Lupen und Becherlupen können hilfreich sein. Wichtig sei bei der zweiten Option nur, dass die Insekten nach der Bestimmung wieder unversehrt in die
Freiheit kommen – dort, wo sie auch gefunden wurden.
Kreiszeitung vom 04.06.19
Nabu Weyhe ruft dazu auf, Insekten im heimischen Garten zu erfassen
Volkszählung im Kleinformat
Insekten wie die Hummel stehen im Zentrum der Schutzbemühungen des Nabu – und sollen gezählt werden. Foto: EHlers
Weyhe - Von Luka Spahr. „Die Biomasse ist zu ganz, ganz großen Teilen zurückgegangen.“ Was Ulrike Buck vom Naturschutzbund (Nabu) aus Weyhe da erklärt, lässt sich
auch ganz einfach übersetzen: Die Insekten sterben aus. Nicht nur in Deutschland, auch in Weyhe ist in den vergangenen Jahren ein stetiger Rückgang zu erkennen, so die Expertin.
Diese Erkenntnis will der Nabu jetzt durch das bundesweite Forschungsprojekt „Insektensommer“ mit Fakten untermauern. Da man nur mit Dokumentationen
Veränderungen belegen kann, ruft die Naturschutzorganisation – nach einer erfolgreichen Gartenvögel-Zählung im vergangenen Jahr – noch bis Sonntag alle Interessierten dazu auf, die
Insektenbestände in ihrem Umfeld zu erfassen.
„Entdecken Sie die bunte Vielfalt auf sechs Beinen. Suchen Sie sich einen schönen Platz im Garten oder der Natur, und helfen Sie mit, die Artenvielfalt und
Anzahl jeder Insektenart zu sammeln, denn jedes Insekt ist wichtig“, ruft der Nabu in einer Pressemitteilung auf.
Der optimale Tag, um viele Insekten zu sehen, sei ein sonniger, warmer, trockener und windstiller Tag, heißt es weiter. In einem Umkreis von maximal 300
Quadratmetern sollen Interessierte von jeder Art die größte gleichzeitig anwesende Zahl von Tieren aufschreiben – nicht die Gesamtzahl, da es sonst zu Doppelmeldungen kommen kann.
Eine Lupe kann dabei helfen, die kleinen Tierchen zu unterscheiden. Bringt auch das nichts, kann man immer noch ein Foto machen und anschließend
recherchieren.
Ein Internet-Link zu weiteren Informationen, einer Übersicht mit den am häufigsten vorkommenden Insekten im heimischen Garten und einem Meldeformular befindet
sich am Ende dieses Textes.
Ulrike Buck vom Nabu Weyhe ist sich sicher, dass auch in diesem Jahr wieder viele Nabu-Mitglieder und Aktive bei dem bundesweiten Forschungsprojekt dabei sein
werden. „Das Interesse ist sehr groß“, berichtet sie mit Blick auf die Entwicklung in den vergangenen Jahren. Sie sehe in Wohngebieten immer mehr Rasenflächen, die auch mal eine Zeit lang
nicht gemäht werden. „Ich denke, das Thema kommt in der Bevölkerung an“, zeigt sie sich zuversichtlich.
Dazu könnten in Weyhe und umzu auch die Aktionen des Nabu beigetragen haben. Seien es Podiumsdiskussionen wie „Wir schaffen Lebensraum“ zusammen mit der WIR
morgen in Stuhr (wir berichteten), Saatgut-Aktionen wie die im April in Weyhe oder Projektwochen an Schulen wie sie bald an der Grundschule Leeste anstehen: Der Nabu und andere
Naturschutzorganisatoren sensibilisieren auf vielen Kanälen für das Thema Insektenschutz. Jetzt soll der „Insektensommer“ das Thema weiter in die Bevölkerung tragen und auf die wichtigen
Helferlein hinweisen.
Infos und Meldeformular:
www.bit.ly/2HYMBDV
Kreiszeitung vom 06.02.19
Nabu-Aktionstag gegen das Insektensterben
Der Weyher Naturschutzbund (Nabu) ist bereits am Sonntag in die Freiluftsaison gestartet und hat seine Naturschutzstation an der Böttcherei geöffnet. Während die
Aktiven in den Vorjahren erst ab Mai Interessierte empfangen hatten, legte der Nabu in diesem Jahr früher los, um auf das Insektensterben hinzuweisen – und etwas dagegen zu tun: Die Gäste konnten
Saatgut erwerben, um einen insektenfreundlichen Garten zu schaffen. Teichbesitzer durften laut Mitteilung eine Krebsschere (Foto) mitnehmen, eine geschützte und seltene Wasserpflanze, die
Libellenarten als Eiablageplatz dient. Foto: Ehlers
Kreiszeitung vom 06.02.19
Gemeinde und Kreis wollen helfen
Tausende Amphibien in Gefahr: Leester Moor verlandet
Leeste - Von Sigi Schritt. Thomas Brugger vom Naturschutzbund (Nabu) Weyhe schlägt Alarm: Das Böttchers Moor und ein weiteres Gewässer in der unmittelbaren Nähe,
das Kleine Moor, verlanden - mit einer aus Bruggers Sicht „dramatischen Folge“. Der Nabu-Vorsitzende sieht eine Gefahr für Tausende Amphibien, die Jahr für Jahr in diesen Gewässern ablaichen.
„Sie verlieren ihr Revier.“ Der Naturschützer findet, dass den Tieren mit vereinten Kräften geholfen werden muss. Er hat auch schon Ideen parat, wie das gelingen könnte. Gemeinde und Kreis wollen
helfen.
Eine Stippvisite am Dienstag hat ergeben, dass die Pegelstände der beiden Gewässer für die Tiere nichts Gutes verheißen. In beiden Fällen ist die Nullmarke bereits
unterschritten. Und massive Regenfälle wie in den Wintern 2016/2017 und 2017/2018 seien nicht in Sicht. Auch in den nächsten Wochen würden sich die Himmelsschleusen nicht ausreichend öffnen,
glaubt der Nabu-Vorsitzende.
Im Kleinen Moor watete Brugger im Schlamm Richtung Messlatte. Die Decke befindet sich 45 Zentimeter im Minusbereich. Das Böttchers Moor ist fünf Zentimeter unter
der Nullmarke. Die Idylle sei trügerisch. Brugger nennt als Grund für die „massive Verlandung“ der beiden Gewässer die Trinkwassergewinnung und sieht die Harzwasserwerke dafür in der
Verantwortung.
Jahrzehntelang hat dieses Unternehmen laut Nabu aus neun Brunnen in Weyhe, drei in Stuhr und sieben in Syke insgesamt 16 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich
gewonnen. 2010 erfolgte die Genehmigung einer Aufstockung der Fördermenge um weitere vier Millionen auf 20 Millionen Kubikmeter, um unter anderem auch Bremen mit Trinkwasser zu versorgen. „Diese
Brunnen haben einen Einfluss auf den Grundwasserstrom“, sagt Brugger. Das gelte insbesondere für den Horizontalbrunnen mit der Bezeichnung HBF3, 1000 Meter südlich der Gewässer, und den Brunnen
11, 700 Meter westlich (wir berichteten über die Erneuerung).
Laut Brugger sei allein durch die 16-Millionen-Förderung der Grundwasserpegel bei besagten Gewässern um 0,75 Meter abgesenkt und durch die Erhöhung der Fördermenge
um einen weiteren halben Meter. Nach Nabu-Erhebungen würden es die Niederschläge nicht mehr schaffen, die Gewässer zu füllen, lautet Bruggers Analyseergebnis. Es komme auf den Grundwasserpegel
für das Schlatt und den Tümpel an.
Was machen die Tiere, wenn sie auf das verlandete Kleine Moor treffen? Sie müssen zum Böttchers Moor ausweichen, so der Nabu-Vorsitzende. Dort aber treiben
ausgesetzte Sonnenbarsche ihr Unwesen, die die Kaulquappen fressen. Die Fische müssten dringend aus dem Wasser geholt werden, wünscht sich der Naturschützer. Und für den verlandeten Tümpel
fordert Brugger, dass er aufgefüllt wird.
Außerdem regt der ehemalige Weyher Ratsherr an, darüber nachzudenken, ob die Stadt Bremen für die Trinkwassergewinnung wieder Wasser aus der Weser aufbereitet. Dann
könnte das Wasser aus der niedersächsischen Nachbarregion - wie früher - wieder beigemischt werden mit der Folge, dass die Liefermenge aus Weyhe, Stuhr und Syke sinkt.
Fachbereichsleiter Steffen Nadrowski der Gemeindeverwaltung könne keine eindeutige Ursache benennen, weshalb der Wasserspiegel des Kleinen Moors so dramatisch
gefallen sei. „Die extrem geringen Niederschläge des Sommers 2018 können hierzu beigetragen haben“, glaubt er. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass die Grundwasserentnahme zur Trinkwassergewinnung
eine Rolle gespielt hat.
Die Gemeinde Weyhe ist als Eigentümerin in Zusammenarbeit mit dem Landkreis seit Jahren aktiv, den Erhalt des Gewässers zu sichern, so Nadrowski. Er erinnert an die
Entschlammungsaktion. Darüber hinaus sei das „Kleine Moor“ in das sogenannte Beweissicherungsverfahren zu den Folgen der Trinkwassergewinnung einbezogen. Die Gemeinde beabsichtigt kurzfristig,
einen Termin mit allen Betroffenen wie dem Landkreis, den Harzwasserwerken und dem Nabu anzuberaumen, um „die Perspektiven für einen langfristigen Erhalt zu erörtern“. Für das benachbarte
„Böttchers Moor“ wird derzeit laut Nadrowski ein Gutachten erarbeitet, das unter anderem Aussagen zur langfristigen Sicherung des Gewässers beinhaltet. „Dabei wird auch die Regulierung des
Bestands an Fischen und Amphibien berücksichtigt werden.“
„Wir müssen schauen, ob die Harzwasserwerke in der Pflicht sind, etwas zu tun oder nicht“, sagt der Wasserbau-Ingenieur Martin Kleingünther vom Landkreis. Er stimmt
mit dem Nabu überein, dass ohne die Trinkwasserförderung der Grundwasserstand ein anderes Niveau habe.
Zur Pegelabsenkung führt der Vertreter der Unteren Wasserbehörde ebenso wie die Gemeinde als natürlichen Aspekt die geringen Niederschläge vom Sommer 2018 an.
Während das Böttchers Moor ein Schlatt sei, ist es das Kleine Moor nicht. Dem fehle die „natürliche Dichtung nach unten“. Das könnte man ändern. Ob man es mit Schläuchen auffüllen kann, müsse man
mit dem Nabu erörtern. Und in Sachen Sonnenbarschen habe die Untere Wasserbehörde längst angeregt, etwas gegen diese Tiere zu unternehmen. „Allerdings ist niemand explizit ausgeguckt
worden.“
Regionale Rundschau vom 06.02.19
Das Böttchers Moor trocknet aus
Kleines Schlatt nur noch eine Pfütze
Das Kleine Moor beim Böttchers Moor ist erstmals gänzlich trocken gefallen. Der Nabu Weyhe sieht einen Grund im niederschlagsarmen Sommer, vor allem aber einen anderen: die Grundwasserförderung
in dem Bereich.
Schlägt Alarm: Laut Weyhes Nabu-Vorsitzendem Thomas Brugger werden Tausende Amphibien bald in ihr Laichgebiet wandern – und es ausgetrocknet vorfinden. (Sebastian
Kelm)
Weyhe-Leeste. Sie kommen: Wenn spätestens im März die Temperaturen konstant in den zweistelligen Bereich klettern, wandern wieder bis
zu 10 000 Amphibien, meist Kröten und Molche, aus den umliegenden Wäldern in Richtung Böttchers Moor. Das Kleine Moor ganz in der Nähe ist ihr bevorzugtes Laichgewässer. Doch dort werden sie
jetzt kaum ihren Nachwuchs bekommen können, denn „Gewässer“ trifft es derzeit nicht mehr richtig: Nur noch Matsch ist seit drei Monaten übrig, wo laut Thomas Brugger von der Weyher Nabu-Gruppe
vor ziemlich genau einem Jahr der Messpegel noch bei 96 Zentimetern stand. Das Kleine Moor, es ist ihm zufolge zum ersten Mal überhaupt komplett trockengefallen. Angrenzende Anwohner bestätigen
dies, nach ihren Angaben gab es hier und im Großen Moor nie so niedrige Wasserstände.
Ins eigentliche Böttchers Moor werden die Tiere wohl oder übel weiterziehen müssen, um überhaupt ablaichen zu können. Doch obwohl dort immerhin eine Tiefe von knapp
einem Meter geblieben ist, sind die Bedingungen für sie alles andere als optimal. „Irgendjemand hat da Sonnenbarsche ausgesetzt, die sich rasant ausgebreitet haben“, erzählt Brugger. Hinzu komme,
dass die Trockenheit die Ufervegetation so hat zurückgehen lassen, dass es kaum noch etwas gibt, an dem die schwimmenden Eier befestigt werden können. „Das stirbt alles aus hier“, fasst der
Nabu-Vorsitzende drastisch zusammen, wohin die Entwicklung seiner schlimmsten Befürchtung nach steuert.
Der lange, heiße und niederschlagsarme Sommer 2018 hatte sicher seinen Anteil daran, dass die Situation ist wie sie ist. Doch Thomas Brugger sieht den Grund dafür
noch woanders: in der Trinkwassergewinnung durch die Syker Vorgeest beziehungsweise die Harzwasserwerke. Letztere betreiben ihm zufolge 19 Brunnen zur Grundwasserentnahme in der Region, drei
in Stuhr, sieben in Syke und gleich neun in Weyhe. Mit den Brunnen 11 und HFB3 sind zwei davon nur weniger als 1000 Meter vom Böttchers Moor entfernt. Sie seien jeweils vor nicht allzu
langer Zeit erneuert worden – um noch effektiver abzupumpen, wie Brugger meint.
Der Regen schafft es nicht
Das Problem in seinen Augen: Rund 16 Millionen Kubikmeter Trinkwasser durften die Harzwasserwerke bisher fördern, 2012 sei aber bewilligt worden, dass es künftig
bis zu 20 Millionen sein können. Auflage war, dass ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren mögliche negative Auswirkungen auf die Natur ermittelt. Die Krux in Bruggers Augen: Auftraggeber
des Gutachtens waren die Harzwasserwerke selbst, die Untersuchung dazu nahm das Unternehmen ebenfalls in die eigenen Hände. Und das Ergebnis war, dass beide Schlatts, das Große Moor und das
Kleine Moor, sowohl aus dem Grundwasser als auch direkt über Niederschläge gespeist werden. „Wir vom Nabu haben aber ein eigenes Monitoring vorgenommen und haben herausgefunden, dass das Kleine
Moor komplett vom Grundwasser abhängig ist. Regenfälle schaffen es gar nicht, das zu füllen“, sagt Brugger.
Das erkläre auch starke Schwankungen beim Pegel. Der Nabu-Mann: „Das Große Moor hingegen scheint von der Sohle her dicht zu sein, das zieht sein Wasser eher aus den
Seitenräumen.“ Beim vereinfacht gesagt nach unten offenen Kleinen Moor, das sein Wasser offensichtlich aus dem Erdreich bekommt, werde der durch die Wassergewinnung sinkende unterirdische Spiegel
daher zum Problem, wie er erklärt. Einen Meter unter der Oberfläche begann dieser sonst, wurde dann durch die Entnahme um 0,75 Meter reduziert und durch die erhöhte erlaubte Menge, die die
Harzwasserwerke nutzen wollen, würde er noch einmal um einen halben Meter fallen. „Das ist dann halt unter der Gewässersohle“, sagt Brugger.
Eine Lösung wäre das Befüllen des Moores. Oder wie er es zusammenfasst: „Wenn ich ein Gewässer künstlich leer saugen kann, kann ich es auch künstlich wieder
befüllen.“ Zu einer solchen oder anders gearteten Kompensation seien die Harzwasserwerke, von denen am Dienstag keine Stellungnahme zu erhalten war, aber nicht bereit.
80 Prozent gehen nach Bremen
Der Ansatz müsste aber ein ganz anderer sein, findet er, nämlich die Reduzierung der entnommenen Wassermengen. Denn aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der
Grünen-Fraktion an den Bremer Senat aus dem Jahr 2015, die ihm vorliegt, geht hervor, dass die Hansestadt Abnehmer von nicht weniger als 80 Prozent des im südlichen niedersächsischen Umland
gewonnenen Trinkwassers aus Brunnen ist. Er kritisiert, dass Bremen die eigene Wasserförderung aus der Weser aufgegeben hat – weil es nicht so steril ist, deswegen anders gereinigt werden
muss und dies das Ganze eben verteuert. „Man kann deshalb Weyhe doch nicht so stark belasten, dass der Naturhaushalt zusammenbricht“, beklagt er.
Immerhin: Die betroffenen Akteure sehen nun offenbar alle ein, dass es so nicht weitergehen kann am Böttchers Moor. Wie Steffen Nadrowski, Leiter des Fachbereichs
Gemeindeentwicklung und Umwelt, auf Anfrage bestätigt, soll es kurzfristig einen Termin geben, bei dem sich auch Vertreter von Landkreis Diepholz und Harzwasserwerken mit dem Nabu Weyhe ein Bild
vor Ort machen wollen, „um die Perspektiven für einen langfristigen Erhalt zu erörtern“. Aber: „Kurzfristige Maßnahmen“ werden seitens der Fachverwaltung „aus geohydrologischen Gründen“ eher
kritisch gesehen, bremst Nadrowski die Erwartungen.
Er schließe aber zumindest nicht aus, dass beim Fallen des Wasserspiegels im Kleinen Moor unter die Nullmarke die Grundwasserentnahme eine Rolle gespielt hat.
Er verweist andererseits auf die bereits erfolgte Entschlammung der Schlatts durch die Gemeinde als Eigentümerin. Für das Böttchers Moor werde derzeit zudem ein Gutachten erarbeitet, das unter
anderem Aussagen zur langfristigen Sicherung des Gewässers beinhalten wird, verrät Nadrowski. Dabei solle auch die Regulierung des Bestandes etwa an Amphibien berücksichtigt werden – die jetzt
aber erst einmal ohne ihren angestammten Laichplatz überstehen müssen.
Großes und Kleines Moor
Weyhe. Das Böttchers Moor oder Böttcher Moor besteht im Wesentlichen aus dem Großen Moor und dem benachbarten Kleinen Moor, entstanden bei der Eiszeit vor mehr als 10 000 Jahren,
vermutlich als Überbleibsel von Toteis oder durch Windausblasungen. Manchmal auch „Esdohrs Moor“ genannt, geht der gebräuchlichere Name – ebenso wie die Benennung der daran verlaufenden
Straße Böttcherei – auf die früheren Bewohner des Gehöftes Melchiorshausen Nummer 1 zurück, heißt es in einer Beschreibung der Mittelweser-Region zu den beiden sogenannten Schlatts. Der
westlich gelegene Hof soll schon in Quellen aus dem 16. Jahrhundert erwähnt worden sein.
Das Böttchers Moor ist eines der wenigen offenen Stillgewässer der Gemeinde Weyhe. 1938 wurde es zum Landschaftsschutzgebiet, obwohl bis in die 1970er-Jahre hinein noch als Badesee
genutzt – sogar mit Sprungbrett. Um 1770 dehnte sich dieses Landschaftssegment noch von der Schlade bis zur südlichen Gemeindegrenze aus, überwiegend östlich der Böttcherei, wie es
heißt. Der mehr als drei Kilometer lange Abschnitt war Teil eines Heidegebiets, das im 19. Jahrhundert zum großen Teil parzelliert und bis in das folgende Jahrhundert hinein kultiviert wurde.
Zwischenzeitlich wurde das Gebiet auch als „Torfmoorkuhle“ bezeichnet. Es erstreckte sich damals über rund 40 000 Quadratmeter und war größtes von mindestens acht Kleinstgewässern, die
nördlich des Einzelhofes Hahnenfelde in der Rumpsfelder Heide lagen.
Diese Tümpel wurden oft als Viehtränken genutzt oder auch zum Flachsrotten, also für eine der Vorbehandlungsstufen des angebauten Flachs im Zuge der Garn- und Leinenherstellung. Experten
gehen davon aus, dass das Kleine Moor als Rotteschlatt diente – worauf die Bezeichnung „Rath-Moor“ hindeuten könnte. Die vermoorten Bereiche waren zudem Brennstofflieferanten, hier wurde
laut Historie der Mittelweser-Region Torfabbau betrieben.
Regionale Rundschau vom 02.02.19
Nabu will Zahl der Fledermausarten in Weyhe ermitteln
Ortsgruppe plant ein Projekt zur Schaffung neuer Quartiere für die bedrohten Flug-Säugetiere
Weyhe. Sie leben seit rund 50 Millionen Jahren auf der Erde – und sie sind immer noch unter uns: Fledermäuse. Den fliegenden Säugetieren –
von denen es heute mehr als 1200 Arten weltweit geben soll, die Mehrzahl davon allerdings in den von ihnen bevorzugten tropisch-warmen Klimazonen – will sich die Weyher Ortsgruppe
des Naturschutzbundes (Nabu) nun intensiver widmen als ohnehin schon.
In Deutschland sollen 25 Fledermausarten unterwegs sein, die Zahl in Weyhe soll noch ermittelt werden. "Daher sind wir über jede Information zu vorhandenen
Tieren dankbar", erklärt Bernd Daneke, stellvertretender Vorsitzender, den Hintergrund der neuen Initiative. Ideen bei diesem Projekt sind etwa, Winterquartiere in Bunkern einzurichten,
Fledermauskästen wie Vogel-Nistkästen zu einem Standard an Gebäudewänden werden zu lassen, die Einwohner aufzufordern, ihre Gärten mit Pflanzen zu bestücken, die von nachtaktiven
Beutetieren wie Insekten, Käfern und Spinnen gerne besucht werden.
Fledermäuse seien einzigartige, gesetzlich geschützte Tiere, sie "sehen" ihm zufolge mit den Ohren, sausen bei bis zu 800 Herzschlägen pro Minute durch die
Lüfte und schlafen mit teilweise nur einem Herzschlag pro Minute durch den Winter, manche in über 1000 Kilometer entfernten Winterquartieren. Diese "tollkühnen Flugakrobaten mit
Raubtiergebiss", so Daneke, rufen mit einer Lautstärke wie Düsenflugzeuge – glücklicherweise in für Menschen nicht wahrnehmbaren Frequenzen, wie er hinzufügt. Sie können 20 bis
30 Jahre alt werden, erreichen aber nur ein Durchschnittsalter von vier bis fünf Jahre. Sie nutzen ihre Sommer- wie Winterquartiere oft über Generationen, drückt der Nabu-Mann seine
Bewunderung für Fledermäuse aus.
Besorgt schickt er hinterher: "Sind sie erst einmal weg, werden sie somit nicht so schnell wieder kommen." Daneke weiter: "Ohne Maßnahmen sehen wir immer
schlechter werdende Lebensräume voraus, da durch die heutige Landwirtschaft, dem Verschwinden von Streuobstwiesen, Heckenstrukturen, Tümpeln und Kleinstbiotopen das Insektenvorkommen
nicht mehr lange ausreichen könnte, und durch unsere Baumaßnahmen und Forstwirtschaft immer weniger Sommer- und Winterquartiere erhalten bleiben."
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